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AMERICAN PIEBallverteiler und Egoshooter

BASKETBALL Die drei großen Stars der Cleveland Cavaliers harmonieren bislang schlecht miteinander. Gegen die New Orleans Pelicans zeigen sie erstmals, was man sich von ihnen erhofft hat

So ungefähr hatten sie sich das vorgestellt in Cleveland. David Love versenkt Dreier in Serie, Kyrie Irving dribbelt unaufhaltsam bis zum gegnerischen Korb, und der König macht das, was Könige eben so machen: Er regiert. Am Ende hatten LeBron „King“ James und seine Cleveland Cavaliers einen 118:111-Sieg gegen die New Orleans Pelicans eingefahren, und die begeisterten 20.500 Zuschauer hatten tatsächlich das Gefühl, den künftigen NBA-Champion gesehen zu haben.

Es war ein Abend, an dem alles rund lief. Vor allem die Stars des Teams, das als großer Favorit auf den Titel in die Saison gegangen war, konnten überzeugen. Sage und schreibe 86 Punkte sammelten Love, Irving und James zusammen, die restlichen sieben eingesetzten Akteure teilten sich noch magere 32 Zähler. Sehr gute 53 Prozent Trefferquote aus dem Feld gelang dem Startrio, nur 43 Prozent seiner Würfe traf der Rest der Cavs. Vor allem LeBron James zeigte mit 32 Punkten, 12 Rebounds und 10 Assists, warum er als aktuell bester Basketballspieler der Welt gilt. „Ich bin noch nicht ganz da, wo ich sein will“, sagt James anschließend, „aber ich mache Fortschritte.“

Es war aber bislang auch der einzige Abend, an dem alles rund lief für die Cleveland Cavaliers. Der Saisonstart des großen Meisterschaftsfavoriten war mehr als holprig. Der Erfolg gegen die Pelicans war erst der dritte Sieg für Cleveland bei bereits drei Niederlagen. Und schon offenbaren sich erste Differenzen zwischen Aufbauspieler Irving und James. Das 22-jährige Riesentalent, zuletzt bei der WM in Spanien zum besten Spieler des Turniers gekürt, war in seinen ersten drei Profijahren der weitgehend einzige Lichtblick eines Teams, das sich im Tabellenkeller herumtrieb. Seine Ausnahmestellung hatte Irving bereits verloren, als sich der verlorene Sohn LeBron James entschlossen hatte, nach Cleveland zurückzukehren. Mit der darauffolgenden Ankunft von Kevin Love, dem momentan wohl besten Power Forward der NBA, hatten die Cavs eine beeindruckende „Big Three“.

Doch dass die besten Spieler zusammen nicht notgedrungen auch den besten Basketball spielen, diese Binsenweisheit wird seit dem Beginn der neuen Saison nun auch in Cleveland wieder einmal nachgewiesen. Vor allem die Spielweise von Irving scheint mit der von James zu kollidieren. Der junge Aufbauspieler ist einer, der lieber selber abschließt anstatt den besser postierten Mitspieler zu suchen. So stehen mit James und Love nun einige der begabtesten Punktesammler immer wieder unbeteiligt herum, während Irving seinen zugegebenermaßen oft erfolgreichen Egotrips durch gegnerische Abwehrreihen nachgeht. Deshalb gelingen LeBron James, der seine Mannschaftskollegen stets mit ins Spiel einbindet, im Durchschnitt noch mehr Vorlagen, die zu einem Korb führen, als dem als nomineller Aufbauspieler dafür eigentlich zuständigen Irving.

Nach einer deftigen Niederlage in Portland gerieten die beiden in der Umkleidekabine aneinander, und James klagte anschließend über „eine Menge schlechter Angewohnheiten, die sich über Jahre eingeschliffen haben“. Gemeint war offensichtlich, dass die Cavs in den ersten Spielen wirkten wie ein Truppe aus Egoshootern, die das Passspiel verlernt haben. Irving verteidigte sich: „Wir sind immer noch eine junge Mannschaft und ich muss noch viel lernen.“

Doch der Zwischenfall wurde schnell heruntergespielt. Vor allem James gibt sich Mühe, die Erwartungen in Cleveland zu dämpfen. Über Twitter gab er nach den ersten Niederlagen das Mantra „Entspannt euch!“ aus und predigt beständig Geduld: „Es ist ein Prozess. Wir bauen hier etwas auf.“ Er kennt die Situation: Auch 2010, als James aus Cleveland zu den Miami Heat wechselte, um dort mit Dwayne Wade und Chris Bosh ein formidables Superstar-Trio zu bilden, gab es erst einmal Startschwierigkeiten und am Ende ihres ersten Jahres verlor man überraschend die NBA-Finals gegen die Dallas Mavericks um Dirk Nowitzki. Die beiden Titel folgten erst nach dieser bitteren Lernerfahrung, die den Cleveland Cavaliers wohl noch bevorsteht.

THOMAS WINKLER

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