: Handball macht Augenringe
FERNSEHEN Weil die Champions League künftig vom Bezahlsender Sky übertragen wird, müssen die Fans in Zukunft länger aufbleiben. Die Vereine sind froh, dass überhaupt ein Sender die Spiele überträgt
Als die Zeitenwende im deutschen Handball verkündet wurde, sorgte dies bei den Fans mehr für Frust als für Freude. Der Pay-TV-Sender Sky erhielt im September von der Europäischen Handball Föderation (EHF) die Rechte, die Partien der Champions League für drei Spielzeiten übertragen zu dürfen. Sieben Jahre lang hatte Eurosport die Spiele der deutschen Klubs im Free-TV übertragen. Die Quoten waren mäßig, Eurosport verlor das Interesse. Sky sprang in die Nische.
Die Folge: Nun müssen auch diejenigen Fans dafür zahlen, die es sich zu Hause im Sessel bequem machen. Das Abo-Paket, das neben Handball auch die Champions League und die englische Premier League im Fußball sowie unter anderem Tennis, Formel 1 und Golf umfasst, kostet immerhin 24,90 Euro pro Monat.
Es gab einen Aufschrei in den sozialen Netzwerken. „Das war’s dann für mich mit der Champions League. Schade! Ich lege mir definitiv kein Sky-Abo zu“, schrieb ein gewisser „kar“ aus der Nähe von Kiel auf Handballecke.de. Und weiter: „Ich denke und hoffe, dass dieser Ausverkauf des Handballs richtig in die Hose geht.“
Die Abo-Kosten sind das Eine. Aufgrund der Programmstruktur von Sky, bei der alle anderen Sportarten dem Fußball untergeordnet werden, wird es für die Besucher in den Arenen abends mal deutlich länger gehen. Der Anwurf zum Champions-League-Gruppenspiel der SG Flensburg-Handewitt gegen den FC Barcelona (33:37) fand am Sonnabend nicht zur klassischen Zeit um 19.30 Uhr statt, sondern erst um 21 Uhr. Vorher läuft bei Sky Fußball.
An Sonnabenden sei die Anwurfzeit nicht so das Problem, da sich viele SG-Fans für Fußball interessierten und so zuvor die Partien verfolgen könnten, glaubt Karsten Hogrefe, Vorsitzender beim Fanklub „Hölle Nord“. Hogrefe: „Unter der Woche ist 21 Uhr aber zu spät.“
SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke sieht es pragmatisch: „Ich bin froh darüber, dass Sky es gemacht hat. Was wäre die Alternative gewesen? Die Spiele der Champions League wären wohl nicht mehr im Fernsehen zu sehen gewesen.“ Es wäre auch für die Klubs teuer geworden.
Das Reglement der EHF sieht vor, dass die teilnehmenden Vereine das TV-Signal selbst bezahlen müssen, wenn kein Sender überträgt. Jährliche Kosten pro Klub: bis zu 150.000 Euro. Schmäschke: „Ein Wechsel ins Pay-TV hat immer zwei Seiten. In Dänemark gab es die gleiche Diskussion. Ich kann auch die Fans verstehen, die darüber nicht froh sind.“ Es gelte aber, die Position unter den Teamsportarten zu halten. „Wir sind hinter Fußball noch immer Zweiter. Daher ist es wichtig, dass die Champions League zu sehen ist.“
Dass sich Sky die „Königsklasse“ vor allem als Erweiterung des eigenen Portfolios gesichert hat und dort vielleicht nur 20.000 Abonnenten die Spiele ansehen, muss der Handball zurzeit hinnehmen. Die guten Zeiten sind erst einmal vorbei, das Interesse der Zuschauer hat abgenommen. Dazu hat das schwächelnde Zugpferd Nationalteam seinen Beitrag geleistet und eine zur Langeweile führende Dominanz des THW Kiel in der heimischen Liga. CHRISTIAN GÖRTZEN
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