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Anwohner, Nazis und Kinder

Demos gegen Flüchtlinge in Buch und Marzahn

VON DENIZ YÜCEL

Die Proteste in Marzahn, Köpenick und Buch kreisen um zwei Kategorien: die Anwohner protestieren. Und zwar wegen ihrer Kinder. Beide Begriffe sind anschlussfähig bis weit in Milieus, die ansonsten weit weg sind für das proletarisch-ostdeutsche Dumpfbackentum. Und beide Begriffe sind tendenziell autoritär. Der Anwohner ist das Gegenstück zum Citoyen. Wo der Citoyen sich nicht wegen seiner individuellen Interessen, sondern als Teil des Ganzen in öffentliche Belange einmischt, wedelt der Anwohner mit der Hausordnung herum und verlangt „Ruhe und Ordnung“. Das Etikett Anwohner ist ihm Argument genug.

Zum Wohl der Kinder

Wer eine Gemeinheit im Sinn hat, ist gut beraten, mit dem Wohl von Kindern zu argumentieren. Wer wagt da zu widersprechen? Das haben auch die Neonazis kapiert. In Marzahn wurde ein YouTube-Hit des Nazirappers „Villain051“ gespielt: „Für unsere Kinder.“

Der Mob, der sich im Berliner Osten zusammenbraut, besteht nicht allein aus organisierten Nazis. Genau darin liegt die Gefahr. Aber die Trennung zwischen „besorgten Anwohnern“ und Rechtsextremisten, wie sie Innensenator Henkel vornimmt, ist absurd. Schließlich können Anwohner zugleich rechtsextrem oder rassistisch sein. Und Nazis sind auch „Anwohner“, irgendwo bestimmt.

Auch wenn die Situation ein wenig an Rostock 92 erinnert, wäre es falsch zu glauben, dass so etwas nur im Osten möglich ist. So gab es 2014 in Bad Soden Proteste gegen eine Containerunterkunft. Keine Nazis, sondern gewöhnliche Anwohner, geleitet von gewöhnlichem Ressentiment, das sie als Sorge verkleideten – na klar, um Kinder.

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