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LESERINNENBRIEFE

Eine formale Angelegenheit

■ betr.: „Kinder nur mit Trauschein“, taz vom 19. 11. 14

Traurig, dass unverheirateten Paaren die künstliche Befruchtung nicht erstattet wird. Ein Trauschein sagt absolut nichts über die pädagogischen Qualitäten der Eltern aus. Er ist lediglich eine formale Angelegenheit. JULIA ENGELS, Elsdorf

Der Gewalt den Boden entziehen

■ betr.: „Gewalt nährt Gewalt“, taz vom 19. 11. 14

Auf die Frage nach den Motiven der jungen Täter antwortet Mustafa Abu Sway: „Es hat keinen Sinn, über die aktuelle Motivation der Täter zu spekulieren und den Zusammenhang zu vernachlässigen.“

Wäre es möglich, die Zusammenhänge, die „kontextuelle Gewalt“ an diesem Anschlag auf betende Menschen in der Synagoge Har Nof behutsam zu schildern? Ist es möglich, das Umfeld dieser jungen Männer, ihre eigene Situation so darzustellen, dass niemand zusätzlicher Gewalt ausgeliefert wäre? Es geht nicht um Entschuldigung, aber um besseres Verstehen. Wohl nährt Gewalt weitere Gewalt. Was aber könnte weiterer Gewalt den Boden langsam entziehen? Exakte Information durch Menschen wie Susanne Knaul.

GERHARD VÖHRINGER, Tübingen

Die Zufälligkeit der Geburt

■ betr.: „Netanjahu will Vergeltung“ u. a., taz vom 19. 11. 14

Wäre ich Muslim in Palästina, würde ich wohl Juden hassen, wäre ich Jude in Israel, würde ich wohl Muslime hassen. Wäre ich Somalier, würde ich wohl versuchen in Deutschland Asyl zu finden, wäre ich Rom, würde ich wohl betteln, wäre ich Bielefelder, wäre ich wohl ein Armine, wäre ich Amerikaner, wüsste ich wohl nicht, wo Deutschland liegt, wäre ich Franzose, wäre ich wohl stolz auf die Grande Nation, wäre ich Deutschtürke, führe ich wohl einen BMW, käme ich aus einer Favela in Rio, würde ich wohl Drogen verkaufen, wäre ich sunnitischer Iraker, befände ich mich womöglich im Heiligen Krieg, wäre ich Syrer, wäre ich wohl auf der Flucht. Wäre mir die Zufälligkeit des Wo und Wann meiner Geburt bewusst, käme ich vielleicht zur Vernunft. WERNER ARNING, Mörfelden-Walldorf

Die wahren Irren stehen rechts

■ betr.: „Quatsch mit roter Soße“ von Philip Meinhold, taz Wahrheit vom 19. 11. 14

Zugegeben, die in Ihrem Beitrag angeführten Beispiele sind zum Haareraufen. Aber können ein paar Desorientierte eine ganze Partei diskreditieren? Wahrscheinlich ist das möglich, vor allem, wenn man ihnen auch noch ein zusätzliches Forum gibt. So geschehen in Ihrem Artikel.

Wahr ist aber, dass die Linke die einzige Partei in Deutschland ist, die glaubwürdig für friedliche Politik (Ablehnung aller Bundeswehreinsätze) oder mehr soziale Gerechtigkeit (Mindestlohn) steht. Nur so zum Beispiel.

Wenn wir linke Politik wollen, sollten wir nicht diejenigen wegen ein paar Pseudo-Anarchos der Lächerlichkeit preisgeben, die versuchen, sie zu machen. Wobei Kritik und Gegensteuern bei den genannten Beispielen natürlich absolut berechtigt und wichtig ist.

Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn Sie sich vorrangig um die schwarz-braune Soße kümmern würden, die allüberall in unserem Land aus Straßengullys oder Internetforen dringt. Die ist nämlich wirklich beängstigend, und wenn wir nicht aufpassen, werden wir sie noch (fr)essen müssen, bis wir daran ersticken.

Die wahren Irren stehen rechts. Aber das wissen Sie natürlich auch. AXEL SEIFERT, Seevetal

Biermann im Bundestag

■ betr.: „Beleidigte, vereinigt euch“, taz vom 17. 11. 14

Biermann begann seinen dubiosen Auftritt mit den Worten: „Herr Lammert, ich freu mich, dass Sie mich hier hergelockt haben, dass Sie hoffen, dass ich der Linken ein paar Ohrfeigen verpasse“ (O-Ton, zu hören im ZDF-„heute journal“ vom 7. 11.). Der eigentliche Skandal ist, dass Lammert und Kauder diesen „elenden Rest eines Liedermachers“ (Max Uthoff, „Die Anstalt“, ZDF 18. 11. 14) wie ein Zirkusäffchen vorführen, damit er sein Schandmaul im Bundestag gegen eine legitim gewählte Partei richten kann. Zusammen mit der geschmacklosen Attacke von Gauck auf die Linke ist das ein weiteres Beispiel dafür, dass unsere lange Zeit ganz ordentlich funktionierende Demokratie vor dem Zerfall steht und statt inhaltlicher Auseinandersetzungen nur noch werbewirksame Schlammschlachten inszeniert werden. HARY DE VILLE, Schöpfheim

Geht es nicht verständlicher?

■ betr.: „Tötet Angela Merkel“, taz vom 19. 11. 14

Zugegeben, ich schreibe das aus Notwehr. Denn bitte, geht es nicht verständlicher? Die LeserInnenzuschrift „Es braucht pfiffige Köpfe“ (taz vom 18. 11.) rühmt Ulrike Herrmann, die Kompliziertestes auf einfache Grundsätze herunterbricht. So könnte es mit dem kapitalistischen Realismus sein. Kapitalistischer Realismus ist das Handeln der Regierenden, die den Zeichnern von Staatsanleihen verpflichtet sind, dem neuen Souverän, nicht mehr den Wahlbürgern (Wolfgang Streeck). Die Folge: Wahlberechtigte verweigern sich durch Wahlboykott und leider Selbstaufgabe. KLAUS WARZECHA, Wiesbaden

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