: USA stoppen China-Fischimporte
Skandal um mit Chemikalien belastete Lebensmittel aus China weitet sich aus. Die Grenzen zwischen Verbraucherschutz und Protektionismus sind fließend
BERLIN taz ■ Die USA haben die Einfuhr von vier Fischsorten sowie Krabben aus China verboten, sofern nicht nachgewiesen werden kann, dass sie frei von Schadstoffen sind. In den Zuchtbecken seien Chemikalien gegen Bakterien- und Pilzbefall eingesetzt worden, die in den USA verboten sind. Bis auf eines, ein Antibiotikum, sind diese Mittel auch in China nicht erlaubt.
Ein Viertel der im letzten halben Jahr von der US-Lebensmittelbehörde FDA kontrollierten Einfuhren war belastet. Die beanstandeten Chemikalien sind auch in Europa verboten. Die EU-Kommission forderte die Mitgliedstaaten auf, China-Importe schärfer zu überwachen.
Damit geht der Skandal um verseuchte Lebensmittel aus China in eine neue Runde. Hochgekocht ist er, nachdem vor ein paar Monaten in den USA zahlreiche Hunde und Katzen verendeten, weil sie Futter mit dem unerlaubten Zusatzstoff Melamin aus China gefressen hatten. Melamin ist ein industrielles Nebenprodukt, das viel billiger ist als die eigentlich gewünschten pflanzlichen Proteine.
Dabei waren zuvor auch schon Menschen gefährdet worden oder gar ums Leben gekommen wie im vergangenen Jahr in Panama, wo Hustensaft mit dem Frostschutzmittel Glykol aus China versetzt worden war. Und in mehreren Ländern war chinesische Zahnpasta aufgetaucht, die ebenfalls billiges Glykol statt des teureren Glyzerins enthielt.
Es geht um viel Geld. Allein die Fischexporte in die USA haben einen Wert von 1,4 Milliarden US-Dollar. Damit ist das Land nach Japan und Südkorea der drittgrößte Abnehmer von chinesischem Zuchtfisch und der Markt mit den höchsten Wachstumsraten. China bemüht sich deshalb, den Schaden zu begrenzen. „Die chinesischen Behörden haben eine sofortige Untersuchung eingeleitet und werden hart gegen illegale Lebensmittelausfuhren durchgreifen“, gab die chinesische Botschaft in Washington bekannt.
Erst vergangene Woche hatte die Regierung in Peking die Schließung von 180 Firmen gemeldet, die Mehl, Süßigkeiten oder Tofu mit Formaldehyd, verbotenen Farbstoffen oder Mineralöl versetzt hatten. „Das sind keine Einzelfälle“, räumte der zuständige Beamte in der Lebensmittelbehörde in der staatlichen Zeitung China Daily ein. Doch China will sich auch nicht einseitig unter Druck setzen lassen. Vor knapp einer Woche beschlagnahmte die Behörde ihrerseits Orangensaftkonzentrat und getrocknete Aprikosen aus den USA, weil diese mit Bakterien, Schimmelpilzen und Schwefeldioxid belastet seien.
Die Grenzen zwischen Verbraucherschutz und Handelskrieg lassen sich nicht immer klar ziehen. Für die US-Fischzüchter und Krabbenfischer jedenfalls ist die Entscheidung der FDA ein Segen. Die Krabbenpreise sind wegen des wachsenden Angebots seit Anfang des Jahrzehnts um fast 60 Prozent gefallen. Vor vier Jahren hatten die USA bereits Strafzölle gegen Fischfilets aus Vietnam verhängt – wegen Preisdumpings. Die Rufe nach einem Schutz vor den Billigimporten dürften nun lauter werden. Einiges spricht dafür, dass manche Waren tatsächlich zu billig sind, um wahr zu sein. NICOLA LIEBERT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen