Kunstrundgang: Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um
Das Konzept der Jugendlichkeit ist nicht besonders alt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde dieser Entwicklungsphase als solche wahrgenommen und zumindest in wohlhabenden Kreisen gelebt. In den 1950ern wurde der Teenager zum Halbstarken stilisiert und zur wichtigsten Konsumzielgruppe und zum Werbeträger. Ein hartes Los – ist doch die Zeit, in der Lebenskonzepte ausgeklügelt und über Bord geschmissen werden, anstrengend genug, als dass man sich dauernd Idealen stellen möchte, für deren Umsetzung das Geld fehlt. Der 1968 geborene Hedi Slimane, ehemals Dior-Designer, Fotograf und Künstler, hat für „Sweet Bird of Youth“ Werke von 13 KünstlerInnen um die seinen versammelt. Mit dem verwirrenden Schwebezustand, wie ihn Tennessee Williams im namengebenden Roman beschreibt, hat die Show leider nicht viel zu tun. Oberflächlichkeit, Zerrissenheit und Sehnsucht lassen sich zwar ablesen, wirken aber meist so flach wie der silberne Teppich, der im Raum liegt und nicht betreten werden darf. Was bei der Eröffnung auch brav eingehalten wurde. Hier scheinen die Menschen eher so ihrer Jugend nachzutrauern, als hätten sie sie nicht erlebt. Die Werke sind ausschließlich schwarz, weiß und silbern. Letztendlich liefert Terence Koh mit einem spermabefleckten schwarzen Bettlaken, gerahmt und hinter Glas gebracht, das prägnanteste Bild. Denn Koh ist HIV-positiv und sein Sexleben musealisiert. Wesentlich spielerischer, hoffnungsvoller und preisgünstiger hält man sich derweil im Tesla jung: Hier bastelt die Linzer KünstlerInnengruppe Time’s Up Installationen, die sich durch das Haus und den Garten ziehen. Während der Workshops wird sich das Gewebe aus analogen und digitalen Kleinoden ausbreiten und eine Welt simulieren, die vielleicht eine bessere sein könnte. Auf jeden Fall lädt sie zum Neuorientieren ein.
Sweet Bird of Youth: bis 31. August, Di.–Sa. 11–18 Uhr, Arndt & Partner, Zimmerstr. 90–91 Time’s Up: bis 30. Juli, Infos zu Workshop & Diskussionen: www.tesla-berlin.de, Tesla, Klosterstr. 68
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