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Immer auf Beinen

DESIGN Elegant, organisch und haltbar: Wer Midcentury-Möbel aus Skandinavien sucht, findet sie nicht nur in einem der vielen Fachgeschäfte, sondern auch über das Internet

Skandinavien in Berlin

■ Enrique Masso & Alan Montiel, Tel. (01 72) 8 86 50 83, aprioridesign@hotmail.com

■ Stue, Torstr.70, 10119 Berlin-Mitte. Tel. (0 30) 24 72 76 50, mail@stueberlin www.stueberlin.de

■ Bolia, Chausseestr. 1, 10115 Berlin-Mitte, Tel. (01 72) 9 42 95 11 berlinmitte@bolia.com www.bolia.com/de-de

■ Kilda Möbel, Hufelandstr. 17 , 10407 Berlin-Prenzlauer Berg, Tel. (0 30) 41 99 54 53 kilda.berlin@yahoo.de http://kilda-berlin.blogspot.ca

■ Scandinavian Objects, Rykestr. 31, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg, Tel. (0 30) 48 49 56 26 info@scandinavianobjects.com www.scandinavianobjects.com

VON OLE SCHULZ

Schlichte Formen, hochwertige Materialien und eine Anmutung von Leichtigkeit: Skandinavische Möbel werden in Magazinen und Blogs schon seit Jahren gefeiert. Und auch der Retro-Trend macht vor den Möbeln aus dem Norden Europas keinen Halt – zu den bekanntesten Designer-Altmeistern Skandinaviens gehört der Finne Alvar Aalto. Er hat Vasen entworfen, die an die Form finnischer Seen angelehnt sind, und mit dem „Paimio“-Sessel einen Klassiker aus gebogenem Birkenholz.

Der Däne Arne Jacobson, dessen stapelbare Holzstühle der „Serie 7“ zu den weltweit meistverkauften Sitzgelegenheiten gehören, orientierte sich bei seinen Wohnobjekten als passionierter Botaniker ebenso an organischen Formen wie sein international renommierter Landsmann Finn Juhl. Verner Panton entwarf dagegen im Jahr 1959 den ersten Freischwinger, der komplett aus Kunststoff hergestellt wurde.

Die Leichtigkeit, die Möbel aus Skandinavien ausstrahlen, hat auch damit zu tun, dass sie fast immer auf Füßen stehen – ob Sideboard oder Sofa. Sie sollen leicht daherkommen, weil im Norden Europas die Sonne so wenig scheint, lautet eine gängige Erklärung. Lichtdurchlässige und schwerelose Einrichtungsgegenstände als Kontrapunkt zum Mangel an Licht.

Doch strahlen diese Möbel nicht nur eine schnörkellose Eleganz aus, sondern sie sind immer auch funktional und haltbar. Das hat mit ihrer Entstehung zu tun: Sie wurden in den 50er Jahren häufig für öffentliche Einrichtungen wie Schulen geschaffen und ursprünglich gar nicht als Designobjekte. Nachhaltige Möbel fürs Gemeinwohl, das war seinerzeit wohl nur im fortschrittlichen Skandinavien möglich.

Inzwischen ist Berlin zu einem Zentrum für den Handel mit skandinavischen Midcentury-Möbeln geworden. Und das treibt manchmal erstaunliche Blüten. So verkaufen etwa auch Enrique Masso und Alan Montiel in der deutschen Hauptstadt skandinavische, vor allem dänische Möbel aus der goldenen Ära seit den 1950er Jahren. Dabei haben die beiden Latinos weder einen Laden noch eine Website. Wer ihr aktuelles Angebot begutachten will, muss es bei Ebay-Kleinanzeigen oder Craiglist suchen – oder aber die beiden in ihrer Werkstatt im Wedding besuchen.

Gerade haben sie hier einen Tisch aus Teakholz aufgearbeitet, den der Däne Erik Buch für das Möbelhaus Domus Danica entworfen hat. Dahinter steht ein helles Highboard vom Norweger H. W. Klein. Er war ein umtriebiger Designer, der sich seine eigene Methode der Möbelherstellung aus Kunststoff patentieren ließ. Sein Highboard sieht von außen unscheinbar aus, klappt man aber den Mittelteil auf, eröffnen sich verschiedene Nutzungen – von der Hausbar bis zum Schreibtisch.

Wer sich aber lieber ganz herkömmlich in einem Geschäft umschauen möchte, findet in Berlin inzwischen eine große Auswahl an auf skandinavisches Design spezialisierten Läden. Stue zum Beispiel ist bereits seit rund 15 Jahren in Mitte. Zunächst in Schöneberg ansässig zog man 1999 in die Torstraße zwischen Rosenthaler und Rosa-Luxemburg-Platz. Am anderen Ende der Torstraße, Ecke Chauseestraße, hat vor Kurzem die dänische Möbelkette Bolia unter dem Motto „Schlichtheit, Funktionalität und ehrliche Materialien“ eine Filiale eröffnet – eine weitere gibt es in Charlottenburg. In Prenzlauer Berg gibt es Möbel und Wohnaccesoires aus dem hohen Norden unter anderem bei Kilda Möbel und Scandinavian Objects – bei Letzterem auch Stoffe und Wandbehänge.

Wem es dagegen vorrangig um den Preis geht, ist bei Masso und Montiel genau an der richtigen Adresse. „Low cost“ ist ihre Devise. Darum wollen sie auch keinen eigenen Laden. Stattdessen nehmen sie sich die Freiheit, alle paar Wochen persönlich im Norden Deutschlands dänische Vintage-Möbeln aufzustöbern. Ihre Fixkosten halten sie aber auch gering, um günstige Preise anbieten zu können. „Wir wollen, dass sich jüngere Leute solche Möbel leisten können“, sagt Enrique Masso. So gebe es den Tisch und mit vier Stühlen von H. W. Klein bei ihnen für mehrere hundert Euro – in den USA wären es einige tausend Dollar.

Ihre Kunden, unter ihnen viele Neuberliner aus dem Ausland, kommen oft über Mundpropaganda, so Masso. „Sie wissen, was sie bei uns bekommen“ – und auch, dass der Wert der Möbel wegen ihrer limitierten Auflage mit der Zeit steige. „Es sind Möbel, die nicht aus der Mode kommen und von sehr guter Qualität sind.“

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