DAS DING, DAS KOMMT: Körper in Ketten
Mit einem Mahnmal will der Künstler Jens Galschiøt an den dänischen Sklavenhandel erinnern. Ein MODELL steht jetzt im Schifffahrtsmuseum in Flensburg
Mit 26 Kupferskulpturen in Menschengröße möchte Jens Galschiøt die Dänen aufrütteln. „Mir war selbst nicht bewusst, dass Dänemark eine der größten Sklavenhändlernationen war“, sagt der Künstler, der jetzt ein Modell seines Mahnmals im Schifffahrtsmuseum Flensburg zeigt: Jeder zweite Körper liegt falsch herum – so wie einst die Menschen an Bord der völlig überladenen Schiffe.
2017 soll das Mahnmal auf einem zentralen Platz in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen stehen, so die Vorstellung des Künstlers, der seine Werkstatt in Odense hat. 2017 wird es 100 Jahre her sein, dass Dänemark sein karibisches Inselreich Dänisch-Westindien an die USA verkaufte und damit die Kolonialzeit hinter sich ließ. 96.100 Sklaven waren von Dänemark nach Dänisch-Westindien verschleppt worden, was dem dänischen Gesamtstaat mit seinen drei großen Handelsstädten Kopenhagen, Altona und Flensburg immensen Reichtum beschert hatte.
„Afro Danes“ soll Galschiøts Mahnmal heißen, „afrikanische Dänen“. Über den Titel hätten sich viele aufgeregt, erzählt der Künstler. Bis heute hält sich die Legende, dass Dänemark seine Sklaven besser behandelt habe als andere Länder und die Sklaverei als erstes abgeschafft habe.
Allerdings habe sich Dänemark niemals für den Sklavenhandel entschuldigt, wie es etwaFrankreich, England und die USA getan hätten, sagt Galschiøt. Die Unrechtstaten würden verdrängt. Die dänische Tourismusbranche erinnert sich an die Kolonialzeit, wenn sie mit Reisen ins „verlorene Paradies“ wirbt – gezeigt werden allerdings nur blaues Wasser und weiße Strände. Die Sache mit den Sklaven bleibt ausgeblendet.
Mit dem Mahnmal möchte Galschiøt erreichen, dass das Verbrechen anerkannt wird. Die Öffentlichkeit, aber auch die Schulen in Dänemark sollen sich damit auseinandersetzen. Ob er das schaffen wird, weiß Galschiøt nicht. In Dänemark gebe es eine Angst davor, dass die Afrikaner eine Entschädigung fordern könnten, meint er. Für Galschiøt wäre sie rechtmäßig. TGL
Präsentation: So, 7. 12., 11.30 Uhr, Schifffahrtsmuseum, Flensburg
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