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Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Das Schloss Neuhardenberg im Märkisch-Oderland ist ja inzwischen zu einer Hochburg der theaterästhetischen Konterrevolution geworden. Denn die Veranstaltungen zum Theater und auch dort stattfindende Inszenierungen behaupten noch einen Theaterbegriff der schönen, guten und vor allen Dingen geschlossenen Form, der hier in der Hauptstadt längst als angestaubt verpönt wird. Nicht selten irren deutsche Großschauspieler also nun deklamierend in Neuhardenberg durch den Lenné’schen Schlosspark. Referieren (west)deutsche Großkritiker über den Untergang der Theaterkunst. Ihre Verseuchung durch das ehemalige DDR-Theater und die grässliche Postdramatik. Am vergangenen Wochenende aber wurden Schloss und Park von einem westdeutschen Proleten, einem ostdeutschen ehemaligen Kosmonauten sowie einem gesamtdeutschen Film- und Theaterstar heimgesucht, die mit einer Deutschland-Revue aufspielten: „Fallers Leben“, benannt nach dem Dichter des Deutschlandlieds. Doch war die musikalische Collage mit Gunter Gabriel, Thomas Thieme, Siegmund Jähn und Julia von Sell nur oberflächlich betrachtet eine Theateraufführung. Eigentlich war’s ein süffiges Gunter-Gabriel-Konzert, unterwandert u. a. von Texten aus Moritz von Uslars teilnehmender Beobachtung finsterer Volksgruppen in Ostdeutschland, „Deutschboden“. Subversiv, bös und artig zugleich. Nichts wie hin also nach Neuhardenberg, wo die Chose noch heute und morgen zu sehen ist. Dann wird’s wieder ernst. Und zwar mit Thiemes (von Gerhard Ahrens eingerichtetem) Textgewitter „Schluss mit den Meisterwerken“, das allerlei Wüstes von Antonin Artaud und Heiner Müller zum monologischen Aufschrei über das deutsche Wesen, das Gefährdete des Menschseins an sich – all diese letzten Dinge eben – vereint. Premiere ist am Freitag.

■ „Fallers Leben“: Stiftung Schloss Neuhardenberg, Di. und Mi.; „Schluss mit den Meisterwerken“: Stiftung Schloss Neuhardenberg, ab Fr. Infos unter: www.schlossneuhardenberg.de

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