SCHAUSPIELER. 10. OKTOBER 1941 – 13. JULI 2014: Gert Voss
VON JOHANN VON BÜLOW
Gert Voss ist für mich der vielleicht Größte unter den Großen. Einer, auf den ich als junger Schauspieler bewundernde Blicke geworfen habe. Kurz vor seinem Tod habe ich ihn noch kennengelernt, am Set unseres Films „Im Labyrinth des Schweigens“. Es war einer der seltenen Filmauftritte dieses Theaterriesen.
Gespannt saß ich im Maskenmobil, am Tag, an dem Voss und ich dran waren mit Drehen. Nun kam der Mann, der Othello war bei George Tabori und Shylock und Ivanov bei Peter Zadek: Voss grüßte freundlich in die Runde. Er spielte Fritz Bauer, den Frankfurter Generalstaatsanwalt, der als jüdischer Emigrant, nach Deutschland zurückgekehrt, den Deutschen nach dem Krieg Demokratie beibrachte. Voss schenkte dieser Figur die ganze Würde eines Theaterkönigs.
Im Theater heißt es: „Den König spielen immer die anderen“. Wenn Voss den Raum betrat, mussten wir anderen nichts spielen. Seine Größe war unübersehbar. In einer Drehpause habe ich ein Bild von ihm und unserem Hauptdarsteller Alexander Fehling gemacht. Fehling und Voss, beide in Regiestühlen, der Junge im Gespräch mit dem Alten. Nach Drehschluss haben wir Jungen YouTube-Videos von „Othello“ geguckt, Voss mit dem etwa gleich alten Kollegen Ignaz Kirchner – Theatergeschichte auf Smartphonescreens. Theater ist der Ort, an dem das Spiel den Spielern gehört, größer als jeder noch so große Bildschirm. Jetzt habe er Lust am Film, hat Voss uns damals gesagt, jetzt! Wer hätte er noch alles sein können – auf der Leinwand und auf der Bühne.
■ Johann von Bülow, 42, ist Theater- und Filmschauspieler
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