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2015Mal alles besser machen, statt kaputt

MEIKE LAAFF

Quietschbunt. Mit Hoverboards, auf denen die Jugendlichen durch die Luft zischen. Mit Regen, den man zeitgesteuert abschalten kann. Und Schuhen, die keiner mehr binden muss. Schaue ich mir „Zurück in die Zukunft II“ nochmal an, bin ich eher dankbar, dass wir irgendwie nicht einmal haarscharf drumrum gekommen sind, dass das Jahr 2015 aussieht wie ein einziger Toys-’R’-Us-Alptraum. Allein dieses Hoverboard, an dem in diversen nerdigen Universitätsversuchen aus Quatsch ja ohnehin schon geforscht wird – das hätte ich dann doch ganz gerne. Wenn es so weit ist.

Natürlich kann man rückblickend auf das Jahr 2014 mit seinen Pegidas, Ebolas, ISen, Flüchtlingskatastrophen auf dem Mittelmeer und Syrienkriegen nicht gerade stolz sein auf den allgemeinen Zustand der Welt. Und zwar so wenig, dass im vergangenen Jahr praktisch jeder Versuch, ein bisschen launig auf 2014 zurückzublicken, kläglich schon im Ansatz scheiterte. Kein Wunder, wenn selbst im Fußballweltmeister-Selbstbeweihräuchern ständig so eine Helene Fischer von der Meisterfeier durchs Bild geistert. Von den Gauchogate-Peinlichkeiten ganz abgesehen. Irgendwas mit Internet kam in all diesen Rückblicken allerhöchstens vor, wenn ein Großhack in Kombination mit einer obskuren Ankündigung im Netz einen Sony-Kinostart verhindert haben und daraufhin in den USA allerorten über Cyberterrorismus aus Nordkorea geredet wurde. Und überhaupt, dieses Internet – jetzt soll es sogar irgendwie mit Schuld an Pegida sein. Weil dort jeder noch so wirre Gedanke irgendwo dazu passende „Fakten“ und Bestätigung zu finden vermag. Also, jenseits der Lügenpresse natürlich.

Mal eine ganz verrückte Idee: Warum versuchen wir 2015 nicht einfach mal zur Abwechslung, alles besser zu machen. Statt alles kaputt. Und warum fangen wir nicht einfach mal bei unserer digitalen Zukunft an? Einfach mal eine gescheite EU-Datenschutzgrundverordnung auf den Weg bringen und diesen TTIP- und Ceta-Quatsch beerdigen. Geheimdiensten mal ihre grenzenlose Datenschieberei abgewöhnen. Gesetze zu ihrer Kontrolle und einen Whistleblowerschutz anschaffen, dafür Leistungsschutzrechte für Verlage, Störerhaftung für Privatleute und Vorratsdatenspeicherung abschaffen. Endlich mal eine breite gesellschaftliche Diskussion über Algorithmenethik starten. Die Auswirkungen von Technik und Robotik auf den Arbeitsmarkt angehen. Auskünfte nach dem Informationsfreiheitsgesetz einfach mal erteilen, ohne ständig rumzubuckeln. Mehr Apps und Dienste schaffen, denen es etwas bedeutet, mit den Daten ihrer Kunden anständig umzugehen. Mehr Apps und Dienste nutzen, die Verfallsdaten für Informationen fest eingebaut haben. Weniger Rumhassen und Mobben gegen Leute in Netz- und Tech-Szenen, die sich erdreisten, keinen Penis zu besitzten. Weniger Dauererreichbarkeitsfetisch und mehr freie WLANS und gut ausgebaute Internetverbindungen.

DIE FÜNFTAGEVORSCHAU | KOLUMNE@TAZ.DE

MontagCigdem AkyolDown

Dienstag Deniz YücelBesser

Mittwoch Martin ReichertErwachsen

DonnerstagMargarete StokowskiLuft und Liebe

FreitagMichael Brake Kreaturen

Das wäre doch mal ein Anfang, oder? Dafür würde ich sogar auf mein Hoverboard verzichten.

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