: local shortcuts
■ Oldenburg Filmfestival Seit gestern Abend werden in Oldenburg wieder merkwürdige Filme in den Kinos gezeigt. Das Filmfestival zeichnet sich auch diesmal durch seine Nähe zum unabhängigen, eher schrägen Kino aus. Auf Plakat und Programmheft prangt diesmal ein angebissener Apfel in der Gosse – ein Symbol dafür, dass das Festival auch in seinem 18. Jahr nach schmerzhaften Kürzungen noch nicht so von der Stadt angenommen wird, wie die Macher um den Gründer Thorsten Neumann es sich wünschen würden.
Dabei hat sich, wie bei sonst kaum einem Festival in Deutschland, über die Jahre eine ganz eigene Oldenburg-Szene entwickelt. Amerikanische Filmemacher kommen nach der ersten Einladung gerne wieder, und bringen ihre neuen Filme mit. So etwa der Schauspieler Matthew Modine, der 1999 sein Regiedebüt in Oldenburg vorstellte, in diesem Jahr der Jury für den „German Independence Award“ vorsteht und seinen neuen Kurzfilm mit dem vielversprechend provokanten Titel „Jesus Was A Commie“ mitgebracht hat. Die Jurypräsidentin des letzten Jahres Deborah Kara Unger hat diesmal nicht nur in dem Festivaltrailer alles rückwärts machen müssen, sondern durch ihre Vermittlung kam auch der Film „The Way“ von Emilio Estevez ins Programm, in dem sie neben Estevez Vater Martin Sheen eine heruntergekommene Streunerin spielt. Zudem ist die Schauspielerin noch in dem ungarischen Tanzfilm „The Maiden Danced To Death“ zu sehen, der als eine internationale Premiere vorgeführt wird.
(Noch?) kein Stammgast in Oldenburg ist dagegen John Carpenter, dabei passt der anarchistische Genre-Veteran perfekt in die Runde. Im Programm ist diesmal sein neuer Thriller „The Ward“, der in einer psychiatrischen Anstalt spielt und eine Variation des Prinzips „Caligari“ ist, nachdem das Personal manchmal irrer ist als die Insassen. Ein weiterer ewiger Unangepasster des amerikanischen Films ist Monte Hellman, der 1971 mit „Two Line Blacktop“ ein Roadmovie drehte, gegen das „Easy Rider“ so konventionell wie „Mary Poppins“ wirkte. In Oldenburg wird seine Etüde über den Film Noir mit dem Titel „Road to Nowhere“ gezeigt.
Gut ins Programm des Festivals, das seinen Zuschauern noch nie leichte Kost vorgesetzt hat, passt auch der spanische Film „Finisterrae“ von Sergio Caballero. Darin machen sich zwei Geister auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela, weil sie wieder ins wirkliche Leben zurück wollen. Nicht nur, dass die Geister in Betttüchern mit großen schwarzen Flecken als Augen durch die spanische Landschaft irren, ist ein Hinweis darauf, dass all das nicht so ganz ernstgemeint ist. Der Filmstil ist mit seinen langen Totalen und der Verweigerung jeder Nähe zu den Protagonisten (die sich als russische Geister in ihrer Sprache unterhalten) eher sperrig, aber die Geduld der Zuschauer wird durch einen surrealen Humor belohnt, der den Film wie eine Mischung aus Tarkovskiy und Monty Python wirken lässt.
Informationen unter www.filmfest-oldenburg.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen