piwik no script img

Die vitale Quelle soll sprudeln

Yoga statt Hormone: Die Bremer Yoga-Lehrerin Monika Warncke will ihren Klientinnen auf natürlichem Weg durch die Wechseljahre helfen. Das behebt zwar nicht die Ursache der Beschwerden, kann aber die Symptome lindern, sagen Ärzte

VON KARIN CHRISTMANN

Ein Arrangement aus pfirsichfarbenen Rosen und farbigen Chiffontüchern begrüßt die Schülerinnen im Bremer HollerHaus. Durch den Gymnastikraum ziehen nölige Sitar-Klänge. „Hier nennen wir uns beim Vornamen“, sagt die Yoga-Lehrerin Frau Warncke, als sie den Raum betritt und wird damit zu Monika.

Mit Entspannungsübungen stimmt sie ihre Schülerinnen auf die Hormon-Yoga-Stunde ein. Wärmestrudel kreisen auf den Handflächen, Energie fließt bis in die Haarspitzen. Hormon-Yoga? Das soll gegen Wechseljahrsbeschwerden helfen und die schulmedizinische Hormonersatztherapie überflüssig machen. Auch bei ungewollter Kinderlosigkeit könne Hormon-Yoga helfen, sagt Warncke.

Bald liegen die vier Schülerinnen auf dem Rücken. Sie strecken ihre Beine abwechselnd aus und atmen schnaufend. „Das Besondere ist die Atemtechnik, mit der wir die Bewegungen kombinieren“, erklärt die Lehrerin später. Komplizierte Verrenkungen oder akrobatisch anmutende Übungen gibt es nicht: „Der Unterschied zur Gymnastik ist die Wahrnehmung: Ich spüre dem nach, was mit meinem Körper passiert“, sagt die 55-jährige Elisabeth.

Die meisten Frauen, die Hormon-Yoga trainieren, wollen ihre Wechseljahrsbeschwerden loswerden. Sie leiden an aufsteigender Hitze, sexueller Unlust oder sie können nicht mehr schlafen. Die Schulmedizin bietet eine Ersatztherapie mit weiblichen Hormonen, wenn die Produktion im Körper in den Wechseljahren nachlässt. Diese Möglichkeit ist jedoch seit Jahren umstritten, weil sie für bestimmte Patientinnen das Brustkrebsrisiko erhöht.

Yoga-Lehrerin Warncke ist davon überzeugt, dass Hormon-Yoga diese Therapie überflüssig mache: „Der Yoga wirkt auf die inneren Organe wie eine Massage und bringt den Hormonhaushalt zurück ins Gleichgewicht“, sagt sie. Gynäkologen sind da anderer Meinung: „Es gibt keinen Nachweis, dass Hormon-Yoga oder andere Entspannungstechniken den Hormonhaushalt beeinflussen können“, sagt Kai Bühling, der als endokrinologisch spezialisierter Frauenarzt am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf arbeitet. Die Ursache der Wechseljahrsbeschwerden könnte Hormon-Yoga demnach also nicht beseitigen. Jedoch sagt Bühling, Entspannungstechniken könnten durchaus die Symptome lindern. So habe eine Studie bewiesen, dass durch progressive Muskelentspannung die Rate der unangenehmen Hitzewallungen gesenkt werden konnte. „Wenn ein Verfahren die Symptome beseitigt, ist das Therapieziel erreicht“, sagt Bühling.

Mit einer Hormonersatztherapie ließen sich Wechseljahrsbeschwerden in jedem Fall sehr gut behandeln, meint der Arzt. Doch es müssten immer die Risiken dagegen abgewogen werden, wie sehr eine Patientin unter ihren Symptomen leide. „Nach drei bis fünf Jahren“, sagt der Gynäkologe, „sollte eine Patientin den Versuch erwägen, die Hormontherapie wieder abzusetzen“.

Warnckes Schülerin Elisabeth will allerdings gar nicht erst anfangen, Hormone zu schlucken. Sie trainiert seit einigen Monaten und berichtet: „Ich fühle mich viel wohler, einige Symptome sind weggegangen.“ Warncke sagt an: „Halten! Atmen! Verweilen! Spüren!“ Sie möchte damit erreichen, dass es „im Becken sprudelt wie in einer vitalen Quelle“.

Warncke ist studierte Psychologin und seit 1994 auch Yoga-Lehrerin. Beim Hormon-Yoga orientiert sie sich an der Methode der Brasilianerin Dinah Rodriguez. „Yoga“, sagt Warncke, „bringt die Gedanken zur Ruhe und wirkt ausgleichend. Es hilft dabei, die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken“. Und so klingt die Yoga-Stunde mit aufmunternden Worten für die Wechseljahrsgeplagten aus: „Du badest in einem Energiebogen aus hellem Licht, der dich durchströmt.“ Dann gibt Warncke den Schülerinnen einen letzten Ratschlag mit auf den Weg, bevor drei helle Glockenschläge die Stunde beenden: „Schöpfe aus dem Brunnen deiner Seele, bis das Wasser hell und klar wird.“

Monika Warncke unterrichtet in Bremen und Hamburg. Informationen gibt es auf www.warncke-yoga.de. An der Hamburger Uniklinik bietet der Gynäkologe Kai Bühling eine Sprechstunde für alle Frauen mit Hormonstörungen an. Patientinnen können sich unter ☎ 040 428 03 25 50 anmelden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen