OFF-KINO: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Die Harry-Potter-Verfilmungen waren schon immer ein Kampf. Das Gute rang mit den Kräften des Bösen, die Literatur mit dem Kino, das charakterorientierte Entwicklungsdrama mit dem Spezialeffekte-Zauber und der kinderkompatible Familienfilm mit der dem Stoff innewohnenden Düsternis. So richtig gut hat das eigentlich nur der mexikanische Regisseur Alfonso Cuarón mit „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ (2004) zusammenbekommen, dem besten Film der Reihe: Geheimnisvoll, verstörend und dunkel wirkte der, deutlich erwachsener als die anderen, ein echtes Fantasy-Werk. Doch auch der erste Teil des großen Potter-Finales („Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1“) konnte überzeugen, ihm tat es gut, dass Harry, Hermine und Ron endlich einmal herauskamen aus der Zauberschule Hogwarts mit ihren ewig gleichen Routinen. Plötzlich standen die Freunde fast schutzlos in leeren öden Landschaften herum, was die existenzielle Bedrohung durch den fiesen Lord Voldemort und seine Helfer gleich viel bedrohlicher machte. Für den zweiten Teil musste man zweifellos befürchten, dass die Spezialeffekte in der finalen Auseinandersetzung zwischen Harry und Voldemort wieder die Überhand gewinnen würden, und tatsächlich lässt es Regisseur David Yates in „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2“ auch entsprechend krachen: In Hogwarts bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. Doch der Film ist vor allem ein temporeiches Abenteuer, eine Art „Indiana Potter“, komplett mit Ritt auf einem feuerspeienden Drachen. Das wirkt entsprechend kurzweilig, auch wenn aus den titelgebenden Heiligtümern des Todes wenig gemacht wird und der Epilog – Harry und Co. schicken Jahre später ihren Nachwuchs nach Hogwarts – so überflüssig ist wie ein Kropf. (13.–16. 10., Babylon Mitte)
Nicht immer war Louise Brooks, die uns heute als Ikone der späten 1920er-Jahre-Stummfilmära erscheint, so populär wie heute: In Hollywood feierten Konkurrentinnen wie Colleen Moore, die den Pagenkopf im Kino popularisierte, und Clara Bow (das „It-Girl“) ursprünglich deutlich größere Erfolge. Doch die rebellische Brooks war vermutlich der modernste weibliche Filmstar in dieser Zeit der Veränderung, und sie hatte eine Verbindung zum deutschen und europäischen Film – das macht sie uns vertrauter als andere Amerikanerinnen jener Tage. Augusto Geninas „Prix de beauté“ (1930) ist ein typischer Film seiner Zeit, indem er das neue Frauenbild der Ära in Kollision bringt mit überkommenen Geschlechterrollen: Brooks spielt eine Sekretärin, die bei einem Schönheitswettbewerb zur Miss Europa gewählt wird, was ihr eine neue Welt voller Filmproduzenten, Maharadschas und schicken Kleidern eröffnet. Ihr eifersüchtiger Mann erwartet hingegen, dass sie zu Hause zwischen Kuckucksuhr und Vogelkäfig Hemden bügelt. Das kann nicht wirklich gutgehen. Der stumm gedrehte und später nachvertonte Film wird im Arsenal von Eunice Martin am Klavier begleitet und von Vaginal Davis präsentiert. (16. 10., Arsenal 2) LARS PENNING
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