… Rolf Hochhuth?: Nach Kunstverstand suchen
Rolf Hochhuth, basisorientierter Dramatiker, dem die Basis abhandengekommen ist, hat sich dennoch unverdrossen mit einer Forderung nach mehr Basisnähe an die Öffentlichkeit gewandt. Er will, dass Kunstinstitutionen „Bürgerbeiräte“ bekommen. Die Bürger zahlten schließlich mit ihren Steuern dafür, dass Kunstschaffende in diesem Land ihr Kunstschaffen überhaupt zeigen können. Da gebühre ihnen auch mehr Mitspracherecht.
Die klug eingefädelte Forderung, die dem Autor von „Der Stellvertreter“ in der Praxis vermutlich nur mehr Humptata einbringt, gipfelte am Ende in einer Abrechnung mit Claus Peymann. Obwohl dessen Berliner Ensemble das höchstsubventionierte Sprechtheater sei, habe Peymann seit Jahren nicht einen einzigen jungen Autor uraufgeführt. Solche Ignoranz müssten die Bürgerbeiräte stoppen.
Die ganze Wahrheit ist ein klein wenig anders: Peymann und Hochhuth bekriegen sich seit Jahren. Wie bei jeder langen Fehde weiß niemand mehr genau, wie es zum Streit kam. Knackpunkt könnte sein, dass Peymann keine Hochhuth-Stücke aufführt – außer dem „Stellvertreter“, zu dem er vertraglich verpflichtet sein soll. Er findet wohl, dass der Dramatiker nichts Gescheites mehr schreibt. Das ist natürlich eine ungeheure narzisstische Kränkung für Hochhuth. Narzisstisch Gekränkte indes benötigen oft die ganze Welt als Zeugen für das Unrecht, das ihnen geschieht. Und weil „Bürger“ die ganze Welt sind, sollen Bürgerbeiräte es richten. WS FOTO: AP
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