: „Lieber Bio-Hack als Convenience-Food“
ROHKOST Boris Lauser kocht rohvegan. Er ernährt sich zu etwa 70 Prozent roh und 90 Prozent vegan, verbietet sich aber nichts, worauf er Lust hat. Im Gespräch verrät er ein Einsteigergericht und die Vorteile von Kräckern
■ hat das Buch „Go raw – be alive!“ geschrieben: Kosmos Verlag, Stuttgart 2015, 160 Seiten, 110 Farbfotos, 19,99 Euro.
INTERVIEW ULRIKE SCHATTENMANN
taz: Boris, in deinen Menüs gibt es oft ganz klassisch einen Käsegang mit Brot. Wie geht das? Die rohvegane Küche kennt doch weder Milch noch Herd?
Boris Lauser: Der Käse entsteht aus Cashew- oder Macadamianüssen, die ich zwölf Stunden lang einweiche und dann zu einer Creme püriere. Danach setze ich probiotische Kulturen zu, die für die Fermentierung sorgen, wie beim normalen Käse auch. Zum Reifeprozess geht es in den Kühlschrank. Nach etwa acht bis neun Monaten hat der Käse eine ähnliche Konsistenz wie Parmesan. Die Brote entstehen aus Gemüse und gesprossten Samen oder Getreiden wie Buchweizen, Quinoa. Ich binde das Getreide mit gemahlenen Leinsamen oder Flohsamenschalen. Das Brot wird dann in Scheiben geschnitten oder zu Brötchen geformt und im Dörrofen etwa 12 bis 24 Stunden getrocknet, bei einer Temperatur von 42 Grad.
Das ist die Wärmegrenze, ab der viele Vitamine, Mineralstoffe und Enzyme verloren gehen. Weil man in der rohvegane Küche nur bis zu dieser Temperatur erhitzt, gilt sie als besonders gesund.
Ja, diese Ernährungsform versorgt einen mit einem Maximum an Nährstoffen, ohne das man groß Energie für die Verdauung aufwenden muss. Mit ihr fällt es leicht, abzunehmen oder sein Idealgewicht zu halten. Außerdem kann man damit Gesundheitsprobleme in den Griff bekommen: Allergien, Nahrungsmittelintoleranzen, Hautprobleme oder Krankheiten wie Diabetes.
Für alle, die diese Ernährungsform mal ausprobieren wollen: Gibt es ein leichtes Einsteigergericht?
Ja, Zucchinispaghetti. Dazu braucht man in der Regel nur einen Spiralschneider und einen Mixer. Man kann die Zucchini auch mit einem Gemüseschäler in eine Art breite Nudeln schälen. Eine Soße, etwa aus Tomaten ist schnell im Mixer aus ein paar frischen Zutaten zubereitet. Das geht schneller als ein Fertiggericht!
Ich stelle mir Raw Food im Alltag kompliziert vor. Was machen Rohköstler etwa, wenn sie mittags essen gehen wollen?
Salate findet man überall. Und wenn ich auf Nummer sicher gehen will, stecke ich mir eine Avocado und ein paar Rohkostkräcker ein. Die kann man bereits fertig kaufen. So hat man immer und überall eine vollwertige Rohkostmahlzeit dabei.
Ernährst du dich denn ausschließlich rohvegan?
Nein. Ich ernähre mich zu etwa 70 Prozent roh, wahrscheinlich 90 Prozent vegan, aber in erster Linie gesundheitsbewusst und ausgewogen. Dazu gehört auch, dass ich mir nichts verbiete, worauf ich Lust habe.
Also landen bei dir auch Fleisch und Fisch auf dem Teller?
Ja, vorausgesetzt, die Qualität der Grundzutaten stimmt und alles ist perfekt zubereitet. Müsste ich mich zwischen Spaghetti aus Weißmehl mit Fertigsauce und irgendeinem Soja-Fleischersatzprodukt oder Vollkornpasta mit selbst gemachter Tomatensoße und Hackfleisch vom Freilandrind entscheiden, würde ich die zweite Variante vorziehen. Convenience-Food ist für mich keine Alternative.
Du bereitest Dinner zu, die locker Gourmetansprüchen standhalten. Was inspiriert dich?
Ich gehe selbst gern essen und probiere viel aus, übrigens auch Hausmannskost. Und natürlich inspirieren mich die fremden Küchen auf meinen vielen Reisen. Die Idee zu meiner Rote-Bete-Haselnuss-Suppe etwa entstand in der Türkei, als gerade Haselnüsse reif auf dem Markt angeboten wurden und es viele Rote-Bete-Früchte gab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen