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PartymetropoleUrlaub zu Hause

„Partyhopping mach’ ich nicht“, sagt meine Frau

Zum Geburtstag hatte ich meiner Frau eine Wochenend-Städtereise geschenkt und mich auf Hamburg, Dresden oder Stettin eingestellt. Sie entschied sich für ihre Lieblingsmetropole – Berlin. Das war überraschend. Wir leben am Berliner Stadtrand. Aber warum nicht? An einem Herbstwochenende schickten wir die Kinder mit der Oma zur Ostsee und mieteten uns in ein billiges Hotel in Charlottenburg ein. Das Zimmer war ruhig, sauber und warm, und es hatte einen schicken Fernseher, den wir nicht brauchten.

Beim Frühstück am Samstag berlinern wir mit dem Hotelier und versuchen, uns nicht zu viel für den Tag vorzunehmen. Später bläst uns der Herbstwind auf dem Tempelhofer Feld ins Gesicht; der Fußmarsch über die Landebahn ist wie ein langer Strandspaziergang – der Blick schweift in die Weite, und am Himmel fliegen Drachen.

Am Abend geht es frisch geduscht zum Höhepunkt des Urlaubs: Tanzen in Mitte. Weil wir den nächsten Tag nicht versumpfen wollen, wählen wir eine Location, die deutlich vor Mitternacht öffnet. Mit einem Glas Sekt werden wir begrüßt und plaudern mit der Einlasserin. „Ich gebe euch mal den Stempel, damit eure Kinder sehen, dass ihr ausgegangen seid“, sagt sie.

Der Tanzsaal ist schön, die Musik akzeptabel, aber Partystimmung will nicht aufkommen – die Leute fehlen. Außer uns erscheinen nur noch zwei Pärchen, die Standardtänze trainieren, eine Mädchengruppe und vier junge Männer, die sich nicht auf die Tanzfläche trauen. Es ist wie auf einer Dorfdisko: trist. „Partyhopping mach’ ich nicht“, sagt meine Frau.

Wir machen das Beste draus, tanzen und trinken ein bisschen – und sind zeitig wieder im Hotel. Am nächsten Tag geht es ausgeruht in eine Luxussauna in Kreuzberg. Ich finde sie überbewertet, aber meine Frau ist glücklich. So soll es sein.

RICHARD ROHTER

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