das wetter: der stadtschreiber
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Der Stadtschreiber saß auf einer der Zinnen der großen Stadtmauer und blickte ins Städtchen hinab. Er hatte keine Ahnung, was er schreiben sollte, denn es passierte rein gar nichts. Angestrengt kaute er auf seinem Gänsekiel herum, walkte sich das Kinn und rieb sich die Schläfen, bis er den Mund, das gesamte Gesicht und sogar die Hände voller Tinte hatte. Endlich sprang von der Mauer herunter und ging hinab in die Stadt, um ein Würstchen zu essen. Bei seinem Anblick aber brachen die Bürger in Panik aus, sie rannten Hals über Kopf davon und riefen: „Die Pest!“ oder „Der blaue Tod!“, denn sie wussten ja nicht, dass die blaue Färbung in des Stadtschreibers Gesicht von der Tinte aus dem Gänsekiel stammte. Leichensammler mit Vogelmasken zogen Karren, an denen warnend Glocken bimmelten, durch die Straßen auf der ergebnislosen Suche nach Leichen. Der Stadtschreiber aber war nun sehr zufrieden. Er setzte sich auf eine Bank und schrieb mit schwungvollen Lettern in sein Buch: „Wie in der Stadt K*** einmal die Pest nicht ausgebrochen war.“