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Keine bloße Manövriermasse

Die 19. Lateinamerika-Tage setzen sich einen Monat lang mit Informations- und Diskussionsveranstaltungen und begleitet von zwei Filmreihen mit dem Komplex Migration, Flucht und Selbstorganisation auseinander

Zu Beginn gibt es argentinischen Tango, genauer: einen Tango-Dialog. Gabriel Merlino, virtuoser Bandoneonist, zu dessen Repertoire auch Jazzstandards und Chansons gehören, und in seiner Heimat einer der Stars des Genres, trifft auf die Sängerin Monica Rodríguez, die schon als junge Frau in den Tango-Bars Buenos Aires’ gesungen hat. Der „traurige Gedanke, den man tanzen kann“, wie der Komponist Enrique Dantos Discépolo die Ende des 19. Jahrhunderts in den von mehr als sechs Millionen Flüchtlingen aus Süd- und Mitteleuropa bevölkerten Hafenstädten am Río de la Plata entstandene Musik einst bezeichnete: Passender kann man die Lateinamerika-Tage, die sich dieses Jahr mit dem Komplex Migration, Flucht und Selbstorganisation auseinandersetzen, musikalisch wohl nicht einleiten.

Mehr Musik gibt es allerdings nicht. Bis Ende November wird in der Werkstatt 3 vor allem informiert und diskutiert. Sieben Veranstaltungen, inhaltlich durch zwei Filmreihen im Metropolis und 3001 begleitet, beschäftigen sich mit Ursachen für Flucht und Vertreibung, mit der Suche lateinamerikanischer MigrantInnen nach einem erträglichen Auskommen in den reicheren Ländern, mit ihren Erfahrungen mit Illegalität und Rassismus und mit ihren gemeinsamen Kämpfen.

„Migrantinnen aus Lateinamerika in Hamburg“ lautet etwa schlicht der Titel einer Infoveranstaltung am Dienstag nächster Woche, auf der die aus Argentinien stammende Juristin Julieta Manzi, die seit sechs Jahren den lateinamerikanischen Bereich von „amnesty for women“ leitet, aus ihrer Beratungspraxis von den Problemen und Lebensrealitäten lateinamerikanischer Frauen in Hamburg berichtet. Eine Vertreterin der Hamburger Gruppe lateinamerikanischer Frauen „Abriendo Espacios“ erzählt zudem von Alltagsstrategien und -erfahrungen und ihrer eigenen Organisation.

Mit migrantischer Organisierung beschäftigt sich auch die Veranstaltung „Brot und Rosen“ am kommenden Freitag. Zu Gast ist hier Valery Alzaga von der US-amerikanischen Dienstleistungsgewerkschaft SEIU, für die sie sehr erfolgreich die Kampagne „Justice for Janitors“ für Reinigungskräfte ohne Papiere organisiert hat. Am 11. läuft dazu im Metropolis Ken Loachs „Bread and Roses“, der das Thema als Spielfilm aufgreift. Maya, als illegale Einwandererin aus Mexiko in die USA gekommen, beginnt, sich zusammen mit einem unkonventionellen Gewerkschaftsfunktionär und anderen gegen ihre schamlose Ausbeutung zur Wehr zu setzen.

Dass MigrantInnen längst keine bloße Manövriermasse mehr sind, sondern sich eigenständig organisieren um die Migration für sie erfolgreicher zu gestalten, macht auch Christoph Parnreiter von der Uni Hamburg am Donnerstag nächster Woche deutlich. Unter dem Titel „Migration, transnationale Räume, Widerstand“, geht es hier um die Veränderung der Bedingungen von Migration vor dem Hintergrund der so genannten Globalisierung. Vorgestellt werden Theorie und Beispiele. ROBERT MATTHIES

Do, 1. 11. – Di, 27. 11., Werkstatt 3, Nernstweg 32-34; Programm unter www.werkstatt3.de

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