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KOMMENTARDas Recht zur Lüge

■ Der Fall BMW und das Auskunftsverweigerungsrecht

Wer es nicht nötig hat, soll auch nicht arbeiten, warf BMW dem Klassenverräter Peter Vollmer vor. Der verzweifelte Kampf von BMW für die Reinheit der Klassenverhältnisse war vergeblich und ist zu Ende. Nicht zu Ende ist die Diskussion über das fast schon paranoide Verhalten des Unternehmens, das nicht einsehen will, daß Gesetze auch für BMW gelten. Ob Betriebsratsmanipulation, die unermüdliche Suche nach Kündigungsgründen, die vom Betrieb aufgeputschte Atmosphäre gegen die verhaßten Gewerkschafter, die Bespitzelung per Detektei – BMW war kein Trick zu schmutzig.

Trotz des positiven Urteils haben sich die Richter um eine entscheidende Frage herumgemogelt. Es geht es nicht nur um den „seltenen Einzelfall“ Vollmer. Wer bei der Einstellung Etikettenschwindel betreibt, sich mit falschen Titeln und Qualifikationen schmückt, um den Job zu erhalten, darf nach geltendem Recht gekündigt werden. Doch unbeantwortet ist andererseits, was ein Arbeitssuchender bei der Einstellung verschweigen darf. Muß die Unverletztbarkeit der Individualsphäre hinter dem Ausforschungsinteresse der Unternehmen zurücktreten, wie es bislang selbstverständlich galt? Wenn der gläserne Mensch auf allen Ebenen immer mehr Realität wird, muß auch das Informationsverweigerungsrecht im Betrieb neu bewertet werden. Schließlich ist das Unternehmen kein Patriarch, der für seine Belegschaft Sorge trägt. Die Gefahr der Datenverknüpfung und der Informationsweitergabe ist viel zu groß, als daß dies offen bleiben kann. Die Unternehmen müssen es sich gefallen lassen, die Qualifikationen genannt zu bekommen, die für den konkreten Arbeitsplatz notwendig sind – nicht mehr. Die Klärung dieser Frage ist überfällig.

Gerd Nowakowski

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