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Rot-grüne Scheinwahl

■ Zirka 6.000 Ausländer „wählten“ in Kreuzberg / Spitzenreiter SPD und AL / SEW weit vor der CDU / Blankozettel vermutlich von islamischen Fundamentalisten

Parallel zu den Wahlen hat der Kreuzberger Ausländerbeirat unter der ausländischen Bevölkerung des Bezirks eine „Scheinwahl“ organisiert. Bei insgesamt 6.000 verteilten Stimmzetteln (in den Presseerklärungen des Beirats war bisher irrtümlich von 15.000 die Rede) fielen 46,8Prozent der Stimmen auf die SPD, 23,8Prozent auf die Al, 9,1 Prozent auf die SEW, 6,2Prozent auf die CDU und 1,6Prozent auf die FDP. Mehr als 660 „Wähler“ gaben Blankozettel ab.

Die Beiratsmitglieder hatten die Wahl mit ihren Sitzungsgeldern finanziert, nachdem es die BVV in einer Sondersitzung abgelehnt hatte, Geld und Räume im Kreuzberger Rathaus zur Verfügung zu stellen. In fast allen ausländischen Vereinen des Bezirks waren eine Woche lang Wahlurnen aufgestellt. Außerdem verteilten „WahlhelferInnen“ Stimmzettel auf dem türkischen Markt am Maybachufer sowie in Lokalen, U-Bahnhöfen und Moscheen. Laut Ausländerbeiratsmitglied Izzet Aydogdo (AL) wurde darauf geachtet, daß keiner unter 18 war und niemand doppelt gewählt hat.

Aydogdo wertete das Resultat, das er als eine Art Umfrageergebnis betrachtet, als vollen Erfolg. Die Beiratsmitglieder würden mit den Stimmen demnächst an die SPD sowie die sozialdemokratisch gesinnten türkischen Verbände treten, „um Druck für ein kommunales Wahlrecht zu machen“. Aydogdo hofft, daß in der kommenden Legislaturperiode das kommunale Wahlrecht für Ausländer geschaffen werde.

Die Ausländerbeauftragte John hält die „Scheinwahl“ für „vollkommen uninteressant und in keiner Weise hilfreich“.

Bei den über 660 abgegebenen Blankostimmzetteln der „Scheinwahl“ vermutete Aydogdo, daß es sich um islamische Fundamentalisten gehandelt habe. Viele hätten auf die Rückseite geschrieben, daß keine Partei für sie in Frage komme. In einer Podiumsdiskussion des türkischen Kabelfernsehens ATT hatte ein Vertreter der „Islamischen Föderation“ die Kreuzberger Muslime aufgefordert, Blankozettel bei der Scheinwahl abzugeben.

Ahmed Algan, Pressesprecher der Islamischen Föderation, lehnt die Scheinwahl sogar insgesamt ab, weil sie eine Farce sei und nicht das geforderte kommunale Wahlrecht bewirken werde. Er lehnte auch ab, daß Muslime im Falle eines kommunalen Wahlrechts eine eigene Partei gründen. „So eine Partei schafft nur Verärgerung und würde den „Republikanern“ nur zu noch mehr Stimmen verhelfen.“

Sämtliche ausländischen Vereine zeigten sich gestern geschockt von dem hohen Wahlergebnis der „Republikaner“. Aydogdo befürchtet, daß sich die Anhängerschaft der „Republikaner“ durch die jetzige Legitimierung vermehren wird.

Die Wahlerfolge der SPD und AL führen viele VertreterInnen der ausländischen Verbände auf deren tolerantere Ausländerpolitik zurück. Bezweifelt wird jedoch vielerorts, ob sich die SPD an ihr Versprechen für ein Kommunales Ausländerwahlrecht halten wird. „Erst seitdem die SPD in der Opposition war, setzten sie sich für die Ausländer ein“, sagt Ahmet Algan. Der AL hält Algan zwar Ausländerfreundlichkeit zugute, wirft ihr aber gleichzeitig Islamfeindlichkeit vor. Erst vor kurzem wurde in der Partei ein Antrag auf islamischen Religionsunterricht an den Schulen abgelehnt.

E.K.

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