: Die ANDERE soll weiterleben
Auf teilweise chaotischer Pressekonferenz trat die gesamte Redaktion der Berliner ANDEREN Zeitung zurück / Krisensitzung des Beirates / Neue Redaktion gebildet ■ Aus Berlin Olaf Kampmann
Wie die taz bereits gestern berichtete, stellte die bisherige Redaktion des alternativen Berliner Zeitungsprojektes DIE ANDERE mit der Herausgabe ihrer sechsten Nummer ihre Tätigkeit ein. In einer teilweise chaotisch verlaufenden Pressekonferenz, bei der alle Mitarbeiter der bisherigen Redaktion anwesend waren, gab Chefredakteur Dietmar Halbhuber eine Erklärung ab. „Als wir uns im Dezember des vorigen Jahres zusammenfanden“, heißt es darin, „hatten wir einen Traum. Wir wollten eine Zeitung machen, die unabhängig, hintergründig und aufrichtig sein sollte. Wir meinten, daß unsere politische Freundschaft zu basisdemokratischen Gruppen ein fester Grund wäre, von dem aus Hilfe und Halt in strudliger Landesentwicklung angeboten werden könnte. Wir haben uns geirrt.“ Dann folgten eine Reihe von Vorwürfen gegen den Herausgeber Klaus Wolfram und den Redaktionsbeirat der Zeitung. Diese wurden auch in dem manchmal tumultartigen Frage- und Antwortspiel erhoben. So gäbe es bis zum heutigen Tag keine regulären Arbeitsverträge, Gehälter seien nicht oder nur teilweise ausgezahlt worden. Das Hereinreden des Herausgebers in redaktionelle Angelegenheiten sei mit der Zeit immer unerträglicher geworden. Dabei ginge es nicht um politische Ansichten oder Inhalte, sondern vor allem um die Form ihrer Darlegung. Letzteres bestätigte auch Klaus Wolfram, der erst nach lautstarkem Protest der Anwesenden von der Konferenzleiterin die Erlaubnis zur Abgabe eines Statements erhalten hatte. Politisch-inhaltlich fühle man sich den gleichen Zielen verpflichtet. Die Gehaltsfrage - so hätten Redaktion und Herausgeber seinerzeit vereinbart - sollte erst mit Ablauf des Februars endgültig geklärt werden.
Dienstagabend dann fand eine Krisensitzung mit Mitgliedern des Redaktionsbeirates und Freunden des Neuen Forums statt. Klaus Wolfram machte den Anwesenden klar, daß sich mit der Aufgabe der ANDEREN auch gleichzeitig die Existenzfrage des basis-verlages und der durch ihn geplanten neuen Projekte stelle.
Sollte die siebte Nummer der ANDEREN nicht rechtzeitig erscheinen, so wäre dies auf Grund der Regreßverpflichtung gegenüber der Druckerei und des Postzeitungsvertriebes der sichere Bankrott des Verlages. Er rief die Anwesenden zur Unterstützung und Mitarbeit der ANDEREN auf - mit Erfolg. Gestern mittag gab die neugebildete Redaktion eine Pressemitteilung heraus, in der es unter anderem heißt: „Heute hat in der Französischen Straße 47 die neue Redaktion für die Wochenzeitung DIE ANDERE die Arbeit aufgenommen. (...)
Die neue ANDERE will Seifenblasen platzen lassen, qualifiziert und kritisch informieren und alle zu Wort kommen lassen, die an einer Solidargemeinschaft interessiert sind, die ihren Blick nicht nur auf den deutschen Bauchnabel richten.“ Kommenden Donnerstag erscheint eine achtseitige Notausgabe.
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