: 'controvers‘ zu den Kommunalwahlen Ist der Titel Name oder Programm?
■ Das aktuelle Wahlmagazin seit dieser Woche montags im DFF 2 / Das richtige Feld, um sich zu profilieren? / Kontroverse Spuren spärlich gelegt / Mehr Hintergrund für die nächsten Sendungen wünschenswert
Gründerzeitstimmung herrscht nun auch im Fernsehen. Azur, Speed und Meridiane, Logo, Länder live, Controvers - die neuen Erfindungen im Adlershofer Zweiten . Die einen sind wirkliche Neueinsteiger. Die anderen kaschieren mit neuem Etikett altbekannten Inhalt. (Was nur sprach denn gegen Objektiv?)
Fast alle Magazine scheinen im selben Studio stattzufinden, scheinen den selben Regisseur, Szenenbildner, Maskenbildner zu haben. Die Moderatoren sind mehrheitlich jugendliche Unverbrauchte, was manchem arge Probleme bereitet, will er gestandene Professionalität demonstrieren. Und dieser Jugendlichkeit sind sie dann wohl geschuldet: die Versprecher, Unsicherheiten, Unerfahrenheiten. Der DFF - ein öffentlicher Trainingsplatz für Fernsehdebütanten?
Um controvers geht es im folgenden. Angekündigt als das aktuelle Wahlmagazin. Dahinter steckt die sich wandelnde Wahlsendung Mit dem Gesicht zum Volke. Jedenfalls bestritten von jener Redaktionsmannschaft, die uns teilhaben ließ am bunten deutsch-deutschen Medienrummel zu den Wahlen. Von dem früheren übernervösen, sich unverbindlich überparteilich gebenden Moderatorenpaar ist Harald Händel geblieben, der noch immer recht steif und sehr stotterig wirkt. An seiner Seite jetzt Silvia Bleßmann, eine Rundfunkjournalistin. Angenehm souverän.
controvers - der Titel ist hoffentlich mehr als nur Name, sondern vor allem Programm und Anspruch. Die Moderatorin faßte es in Schlagworte: Dranbleiben. Vertiefen. Auseinandersetzen. Verdeutlichen. Die Politik hierzulande vor den Kommunalwahlen. Die „Macher“ treffen da auf eine echte Marktlücke. Wenn sie der schnellebigen Informationsflut der AK-Nachrichten eins draufzusetzen haben. Mehr an Informationen bringen. Löblich, wenn's so wäre!
Am Anfang der Sendung stand die alle interessierende Frage des Koalitionspokers. Der, ehrlich, zum spannendsten Hitchcock werden könnte. Aber als treuer AK-Gucker habe ich all das Gebotene in der vergangenen Woche bereits gesehen. Es war zwar alles übersichtlich zusammenmontiert, aber ein bißchen ideenlos. Ganz spannend wollte der Reporter die Stasi-Story um Böhme aufziehen. Doch auch da nichts Neues.
Man merkte es dem Beitrag an, daß er schnell zusammengefädelt wurde. Aber die Idee ist gut, und vielleicht sollte man es wirklich durchziehen - einen Wochenüberblick zu einem Thema an den Anfang des Magazins zu stellen.
Da traf das Studiogespräch eher den Anspruch des Näher -beleuchten-wollens. Im Disput mit Dankwart Brinkmeier und Herbert Fischer zum leidigen Thema dieser Tage, der Stasi -Vergangenheit. Verständlich, daß die Moderatoren auf den Pfaden der westlichen Kollegen wandeln wollten. Skandalen war dieses Land bislang abhold. Jetzt will jeder sein Sensatiönchen. Aber die Journalisten blieben auf dem Boden der angenehmen Sachlichkeit, hakten nach, wenn auch manchmal ungenau (zwischen Parteien- und Personenwahl sollte man wohl unterscheiden können), umständlich in der Fragestellung, letztlich doch etwas langatmig. Ein Glück für die Fragesteller, auf diese Interviewpartner zu treffen, denn die antworteten knapp, ohne große Weitschweifigkeit.
Die SPD war dann erneut dran. Die Reporterin versuchte eine Analyse der Wahlniederlage in Sachsen für die Sozis vorzunehmen. Ein recht kopflastiger Beitrag. Völlig zugeredet und vollgestopft mit Informationen, einem oberflächlich befragten Menschen, der zu wenig zu Wort kam. Bilder ohne aufregende Sichten. Einige Metaphern blieben unstimmig. Das Besondere, Dresden-Typische, wurde nicht gefunden.
Zum Abschluß noch eine offerierte Erläuterung der DDR -Verfassung von '68. Die kam nicht. Vielmehr ließ die Journalistin SPD, CDU und (man lese und staune) auch eine Bürgerbewegung, nämlich „Demokratie Jetzt“ vor dem Mikrofon plaudern. Interview an Interview geschnitten, unterbrochen bloß durch zwei, drei Sätze der Autorin. Die uns am Anfang lang und breit aus der bestehenden Verfassung zitierte, sich dabei kräftig ins Bild setzend, aber mehr als Meinungsumfrage bei den genannten politischen Kräften dann doch nicht bot. Vielleicht hätte man das komplizierte Thema doch etwas mehr journalistisch aufarbeiten sollen.
Mithin, die controversen Spuren waren spärlich gelegt. Zu oberflächlich scheint das Herangehen. Mehr Hintergrund wäre für die nächsten Sendungen wünschenswert. Und die Moderatoren sollten ihre manchmal recht lang wirkenden Aufsager in kurze, wirkliche Moderationsteile wandeln.
Artur Sonneberg
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