Doller Zoff um Eutiner Bepos

Kasernierte Bereitschaftspoliziei ein »alter Zopf«? Zorn über  ■ Innenminister Bull

Für einen Regierungsvertreter einsicher einzigartiges Erlebnis: Als Schleswig-Holsteins SPD-Innenminister Hans Peter Bull vorigen Sonntag junge AnwärterInnen der Bereitschaftspolizei (Bepo) in Eutin bei ihrer Vereidigung besuchte, prasselte ihm geballter Protest entgegen: Die NachwuchspolizistInnen demonstrierten gegen seinen Plan, die Eutiner und Kieler „Alarmhundertschaften“ aufzulösen.

Dabei hatte der konfliktscheue Bull nur dem Vorbild Hessens folgen wollen. Im Hessenland hatte die Rot-Grüne Regierung unlängst beschlossen, „kasernierte Einheiten“ aufzulösen und sie für Schwerpunktaufgaben den Direktionen zuzuteilen. SPD-Sprecher Matthias Kurth: „Die Kasernierung von Bereitschaftspolizisten ist ein alter Zopf, der abgeschnitten gehört.“

Bull sah die Angelegenheit weniger ideologisch, sondern pragmatisch: „Hundertschaften sollten bei Gefahren dort, wo sie gebraucht werden, schnell aufgebaut und nicht erst durch das halbe Land aus Eutin und Kiel angefahren werden.“ Doch wenn die knapp 200 BeamtInnen der Eutiner Stabshundertschaft auf die 15 Direktionen des Nordlandes verteilt werden, ist der Kasernenstandort überflüssig.

Und so bekam Bull nicht nur den Protest der Bepos nebst ihrer Führung zu spüren, die ohnehin wegen des Baustopp für ein acht Millionen Mark teures Lehrsaalgebäude sauer ist, sondern auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) moserte. GdP- Sprecher Thomas Unger gegenüber den Kieler Nachrichten: „Nicht zuletzt der Einsatz von Rostock hat gezeigt, wie wichtig eine eingespielte Hundertschaft im Ernstfall ist.“

Diskussionen um die Auflösung der geschlossene Einheiten sind nicht neu: denn kein Polizeiführer kann ernsthaft bestreiten, daß Kaserneneinheiten getreu dem Motto „zusammen leben, zusammen wohnen, zusammen arbeiten“ tatsächlich ein wenig antiquiert sind, deren Tradition in die 20er Jahre zurückreicht. Damals hatte die

1Reichsregierung kasernierte Länderpolizeien aufgestellt, sie als paramilitärische Truppe zur speziellen Aufstandsbekämpfung eingesetzt.

Rückendeckung bekommt Bull hingegen von Kritischen Polizisten aus Lübeck. Martin Herrnkind: „Derartige Überlegungen sind diskussionswürdig.“ Der Hamburger Bundesprecher Manfred Mahr, selbst Ex-Bepo-Zugführer, pädagogisch: „Der Chorgeist-Mechanismus ist in geschlossenen Einheiten

1ausgeprägter, schnell kann ein negativer Einfluß durch Vorgesetzte auf die jungen Kollegen fatale Folgen im Einsatzgeschehen haben.“

Der angeschlagene Bull ist erstmal auf Tauchstation gegangen, eine Statement war gestern nicht zu bekommen, nur ein Waschzettel kam per Telefax. „Auflösungspläne gibt es nicht!“ In Hamburg verfolgt die Polizei den Streit mit einem gewissen Schmunzeln. Sprecher Peter König: „Ähnliche Bestrebungen

1laufen hier nicht.“ Kein Wunder. Denn in Hamburg wird seit Jahren schon beides prakiziert: Während eine „Alarmhundertschaft“ in der Alsterdorfer Kaserne auf Ereignisse wartet, sind die anderen „geschlossene Einheiten“ in Zugstärke in den normalen täglichen Polizeidienst – Verkehrskontrollen, Revierdienst, Schwerpunkteinsätze — integriert. König: „Die Situation in einem Stadtstaat ist eben um vieles leichter.“ Kai von Appen