: Abschiebung der alten Millerntor-Heroen
■ FC St.Pauli: Planung für die nächste Saison ohne Ottens und Olck / Heute in Wolfsburg in Bestbesetzung
Planung für die nächste Saison ohne Ottens und Olck / Heute in Wolfsburg in Bestbesetzung
Wie hat er sich in den letzten Wochen im Training abgerackert, Schweiß vergossen, sich bei den Spielen bemüht, sein Bestes zu geben, wo möglich den Blick zum Trainer gesucht, der signalisieren sollte: Schreib mich nicht ab.
Doch Seppo Eichkorn zeigte sich resistent gegen solcherlei Versuche, ihn in seinen Personalentscheidungen zu beeinflussen. In der von ihm und Manager Jürgen Wähling erdachten neuen Personalkonzeption für die kommende Saison ist kein Platz mehr für Klaus Ottens, dem häufig lautstark angefeuerten Liebling der Nordkurve des Wilhelm-Koch-Stadions. Der Kader soll ausgedünnt werden, nur Spieler mit Perspektive haben ein Angebot für einen neuen Kontrakt erhalten. Klaus Ottens, „Otti“, „der weiße Hai“ ist nicht mit dabei. Mit einem beschränkten fußballerischen Repertoire gelang es ihm seit 1988, die Fans irgendwo zwischen Verzückung und Verzweiflung schwelgen zu lassen. Groß der Jubel, frenetisch die Anfeuerung immer wenn der Ostfriese den Platz betrat. „Otti, Otti, Otti“-Rufe, die sich zu einem enttäuschten „Oh“ wandelten, wenn sich Ottens den Ball dann doch zu weit vorlegte. Unglaubliche Jubelmomente bei Toren von dem Spieler, dessen einzige technische Finesse der „ Übersteiger“ ist. Ein Trick, dem Puristen allenfalls Kreisklasse bestätigen, den Ottens indes selbst noch in höchsten Fußballgefilden versuchte.
Er gehört nicht zu den Spielern, die an zwei Tagen in der Woche mit Jürgen Wähling um neue Verträge feilschen dürfen. Ebenso abgeschrieben, wie Jan Kocian ( nahezu Sportinvalide), Ralf Sievers (Mitläufer), Karsten Surmann (Fußballrentner und Lorkowski-Kumpel), Frank Wolf (lauffaul) und Torsten Fröhling (ersetzbar). Verab-
1schieden soll sich auch ein weiterer Fan-Liebling. Auch für Bernhard Olck ist kein Platz mehr in der neuen Mannschaft des FC St. Pauli. Ästhetischerer Fußball soll von der kommenden Saison an im Wilhelm- Koch-Stadion gezeigt werden, somit wieder eine andere Klientel angesprochen werden, als die 12 000, die der Verein in dieser Spielzeit angesprochen hat, wird aus der Führungsetage des Kiezclubs ver-
1lautet. Da ist kein Platz mehr für Spieler wie Klaus Ottens und Bernhard Olck, denen allenfalls folkloristischer Wert zugesprochen wird. Zu klein ist Olck vielleicht, knapp ein Meter achzig, zu schwer ist er vielleicht auch, gut 80 Kilo, um als Manndecker die Luft vor dem eigenen Strafraum zu beherrschen. Der Versuch des vormaligen Trainers, Olck an der rechten Außenlinie marschieren zu lassen, im defensi-
1ven Mittelfeld, scheiterte auch mit dem Spieler, der 1987 von Alemannia Aachen zum Millerntor stieß. Trotzdem war er es, dem der letzte Achtungserfolg des Fc St. Pauli zu verdanken war. Im Januar 1992 führte er die fast nur aus Amateuren bestehende Hallenequipe des Vereins zu einem Erfolg über den HSV beim Ratsherrncup in der Alsterdorfer Sporthalle.
Nun darf er, der ebenso wie
1Klaus Ottens die Zuneigung der Fans in der Gegengerade sicher hat, sich einen neuen Arbeitgeber suchen. Bleiben dürfen Spieler, die gewiß talentierter sind, die Gochs, die Hollerbachs und wie die Jungs alle heißen mögen, denen es aber komplett an der Personality fehlt, die bei Spielern wie Klaus Ottens, Bernhard Olck hilft, über spielerische Defizite hinweg zu sehen.
kader
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