: Blick auf den deutschen Stempeltick
■ Ausstellung „Ein anderer Blick“ im Altonaer Rathaus mit 17 Künstlern aus aller Welt
Eine außergewöhnliche Ausstellung im Kollegiensaal des Altonaer Rathauses zeigt Gemälde, Zeichnungen und Plastiken von 17 in Hamburg lebenden Künstlern aus aller Welt. Die Schau Ein anderer Blick, veranstaltet vom Verein Blickwechsel im Kollegiensaal des Altonaer Rathauses, ist ein Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion über das Fremdsein in Deutschland und die Integration der Ausländer.
Die Werke der Künstlerinnen und Künstler aus 14 Ländern stellen thematisch und formal die Auseinandersetzung mit dem Fremden dar, die einen Dialog mit dem Betrachter sucht. Der Engländer David Neat bringt mit seinem Objekt „Garden of earthly delights“ erotische Anklänge ins Spiel, bezieht sich auf das Treiben auf der Reeperbahn. Billiardkugeln liegen neben Liebeskeulen. Die graue Umrandung scheint der Weltstadt Hamburg mit dem grauen Horizont zu passen.
Ahmet Boyali aus Anatolien spiegelt auf seinen Bildern seine Einsamkeit in einer fremden Stadt. Mit ausgeprägter Farbigkeit schildern sie Themen wie Ausweisung, Abschiebung und Unterdrückung und werfen einen kritischen Blick auf Deutschland samt Vorschriftenwahn und „Stempeltick“.
Ahmadjan Amini aus Afghanistan thematisiert Krieg und Folter. Seine Gestalten sind alle Gefangene. „Der Familienvater“, ein im Jahr 1992 entstandenes Bild in Öl und Acryl zeigt die Unterdrückten eines Regimes, das gegen sein Volk Krieg führt. Im Schatten brennen Felder, das Dach einer Moschee und ein Baum, fast hörbar werden die Rotoren eines Hubschraubers.
Die beiden Künstler aus dem Iran, Alireza Gerannazar und Mohammed Reza Oghatian, leben seit über zehn Jahren in der Bundesrepublik. Mit dem Selbstbildnis als Clown mit zwei umgedrehten Köpfen und verdrehten Beinen erschafft sich Gerannazar als Spottfigur in einer kalten Gesellschaft. Apokalyptisch grotesk ist die Installation von Mohammed Reza Oghatian, wie eine „Henkersmahlzeit“, arrangiert auf einem mit Erde bedeckten Quadrat, erinnert sie an die Geschichte des KZ Neuengamme.
Jan Koblasa aus der CSFR, der an der FH Kiel unterrichtet, will „das sagen, was ist, aber nicht das, was sichtbar ist“. Seine Holzplastiken „Die tote Mutter“ und „Die Balance“ zeugen davon, wie er mit den Dimensionen experimentiert.
ROBS (Robert Szecówka) aus Polen ist ein alter Hase in Sachen Karikatur und vielfach ausgezeichnet, hat in den 24 Jahren mehr als 5000 Zeichnungen in verschiedenen Ländern veröffentlicht. Ohne überflüssige Ausschmückung pointieren seine Karikaturen Fremdenfeindlichkeit und deutsche Genauigkeitt.
Das Wort „fremd“ möchten die Künstlerinnen und Künstler, die bewußt keinen musealen Ort für die Ausstellung wählten, am liebsten aus dem Wörterbuch gestrichen sehen.
Kollegiensaal im Altonaer Rathaus, bis 20. Juni
Vasanta Iyer
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