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Wer ist Pater Weiss?

■ Die Taufe der Teerhof-Brücke leitet sich unmittelbar auf den Konflikt Mann/Frau zurück

„Schlicht ist verständlich“, kommentierte Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte diese Woche den neuen Namen „Teerhof- Brücke“ für die Teerhof-Brücke. Doch ach, nichts ist schlicht, und verständlich ist schon gar nichts.

Nehmen wir nur den einen von 24 Fällen. Harald-Gerd Brandt, Radio Bremen Redakteur, einer von drei Hauptgewinnern, die beim Preisausschreiben der Bausenatorin den Namens-Vorschlag „Teerhof-Brücke“ sich einzureichen getraut haben, weiß, wie schwierig die Namensfindung war. Denn eigentlich wollte er gar nicht mitspielen beim Preisausschreiben. Nur seine Frau wollte, und die wollte unbedingt den Namen „Peter-Weiss-Brücke“.

Weil nämlich die Brücke die gedachte Verlängerung der Häschenstraße ist, die doch beim Weiss-Peter in der Ästhetik des Widerstandes auftaucht. Obwohl die Brücke mit 11,6 Mio. Mark nun teuer genug geworden war, war sie für Weiss' Namen nicht kostbar genug, argumentierte Brandt dagegen. Und verfiel extra schlicht auf den Namen Teerhof-Brücke. Teuer hin, schlicht her: Was tatsächlich gegen den Namen Peter-Weiss-Brücke den Ausschlag gegeben haben mag, ist ein kleiner Rechtschreibfehler (vor denen Rosi Roland auch nicht immer sicher ist, bewahre): Auf der Plazierungs-Liste der Bausenatorin tauchte die Peter- Weiss-Brücke nämlich als Pater- Weiss-Brücke auf, eine denkbar unpopuläre Alternative, vor allem, wenn man bedenkt, daß es von Pater-Weiss dann auch nicht mehr weit ist zu Peter Heiss, jenem trutzigen Wirt, der sein Restaurations-Schiff zum Wohle Bremens und seines Privatvermögens ein paar Meter flußaufwärts gezogen hatte. Ach, nichts ist einfach Schein!

So leidenschaftich tobten die Argumente, daß Brandt sich schließlich seiner Hausmacht bediente, um seine argumentative Artillerie über den Äther abzusichern. Geschlagene fünf Minuten (geschätzer Wert) puhlte Brandt die Feinheiten im Konflikt Weiss- Brücke kontra Teerhof-Brücke seinem Kollegen von der vierten Welle auseinander, eine Beitragslänge, die auf Radio Bremen sonst nur bei Papst-Attentaten und 0:5-Heimniederlagen des hiesigen Fußball-Vereins herangezogen wird.

Die offizielle Einweihung der Brücke übrigens hat das Protokoll eines mittelschweren Agentenaustausches nach John Le Carre: Die Bausenatorin geht vom rechten Weserufer bis zur Mitte der Brücke, ihr entgegen von der Teerhof-Seite die beiden Ortsamtsleiter. Was dann passiert? Am Freibier-Stand beobachtet das mit Neugier Rosi-Roland

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