: Galla-Prozeß wohl erst 1994
■ Verfahren um Schwarzgeld-Klinik vom Landgericht nicht eröffnet
Der Skandal um die „Schwarzgeldklinik“ St.-Jürgen- Straße wird auch noch ins siebte Jahr ohne gerichtliche Aufklärung gehen. Seit die Bestechungs- und Unterschlagungsaffaire um den damaligen St.-Jürgen-Verwaltungsdirektor Aribert Galla im Herbst 1987 durch Veröffentlichungen der taz bekannt wurde, ermittelte auch die Staatsanwaltschaft. Über fünf Jahre hat sie gebraucht, bis im Februar dieses Jahres die 416seitige Anklageschrift ans Landgericht ging. Seitdem wartet das Verfahren dort auf eine Eröffnung. Der zuständige Richter Helmut Kellermann wollte gestern lediglich bestätigen, daß „die Terminplanung derzeit vorbereitet“ werde. Ob der Prozeß dann letzlich im Januar, Februar oder März eröffnet werde, sei nicht so wichtig.
Nicht nur Staatsanwaltschaft und Gericht, auch Aribert Galla, der nach einen knappen Jahr Untersuchungshaft seit dem Frühjahr 1991 wieder auf freiem Fuß ist, hat wenig Interesse an einem schnellen Abschluß der Verfahrens gegen ihn. Denn inzwischen sind sämtliche Auflagen aufgehoben worden, die nach der Untersuchungshaft zunächst noch seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt hatten. Lediglich seinen Reisepaß mußte Galla abgeben — und damit auch die Möglichkeit, außerhalb Europas zu reisen. Solange das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist, muß Galla dafür nicht fürchten, daß ihm sein neues Gehalt gepfändet wird.
Auf insgesamt 1.271.000 Mark summieren sich die Forderungen des Landes Bremen gegen den ehemaligen Klinik-Chef, so der zuständige Justitiar im Gesundheitsressort, Werner Vogelsang. 521.000 Mark davon hat der Staat bereits wiederbekommen — im wesentlichen aus dem in Jersey beschlagnahmten Galla-Konto. Außerdem wurden bisher rund 100.000 Mark der Versorgungsbezüge einbehalten, die dem frühpensionierten ehemaligen Staatsdiener eigentlich zustünden. Zur Zeit bekommt Galla — wegen eigener Einkünfte und der Anrechnung von Unterhaltsverpflichtungen — überhaupt keine Versorgungsbezüge mehr. Dennoch warten auf Galla nach wie vor Forderungen von über 700.000 Mark, die das Land erst dann mit Aussicht auf Erfolg einfordern kann, wenn er rechtskräftig verurteilt ist.
Der für die Ermittlungen gegen Galla zuständige Staatsanwalt Volker Dützschold hilft zur Zeit in Rostock aus, „kommt aber selbstverständlich sofort wieder, wenn das Verfahren beginnt“, wie Staatsanwalts-Sprecher Hans-Georg von Bock und Polach versichert. Neben Galla ist auch sein ehemaliger Mitarbeiter im St.-Jürgen-Krankenhaus Jürgen K. Im gleichen Verfahren mitangeklagt. Er soll immer wieder über Bestechungsgelder mit Klinik-Lieferanten verhandelt und diese dann auch entgegengenommen haben. Wegen dieses zweiten Angeklagten wagt denn auch Gallas Bremer Anwalt Axel Hattendorf keine Prognose über die mögliche Dauer des Verfahrens: „Ich habe ungefähr eine Vorstellung, was wir an Zeugen brauchen, aber was der zweite Verteidiger machen wird, weiß ich nicht.“ Gut möglich, daß es auch im achten Jahrt kein Urteil gibt. Ase
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