: Bremen greift Bremerhaven ans Stadtsäckel
■ Zehn Millionen für den Landeshaushalt / In Bremen leisten Behörden Widerstand gegen Sparkommissare
50 Millionen Mark, so hoch liegt die Latte für den Bremer Landeshaushalt. 50 Millionen Mark sollen im kommenden Jahr eingespart werden. Und keiner wird verschont. Jetzt ist Bremerhaven ins Visier der Sparkommissare geraten: Über zehn Millionen Mark im nächsten und stattliche 22 Millionen Mark 1995 sollen zur Konsolidierung des Landeshaushaltes aus der schuldenfreien Schwesterstadt kommen. Und bislang ist aus Bremerhaven nicht mehr als ein Murren zu hören. Als der Bremerhavener Stadtkämmerer Brandt in der öffentlichen Sitzung des Personalausschusses den Bremer Griff ans Bremerhavener Stadtsäckel bekanntgab, gab es nicht einmal eine Wortmeldung zum Thema. Ganz anders ist dagegen die Stimmung in Bremen. Insbesondere dort, wo Teile der Verwaltung in Eigenbetriebe umgewandelt werden soll, treffen die Sparkommissare auf erbitterten Widerstand.
Bremerhaven hat bislang immer von einem Bonner Geldsegen profitiert: Bis heute hat die Stadt die Bundeszuweisungen für „Politische Führung“ brav eingesteckt, allerdings ohne etwas für die „politische Führung des Landes“ zu bezahlen. Das war natürlich ein gefundenes Fressen für Finanzsenator Volker Kröning und die „Arbeitsgruppe Aufgabenoptimierung“. Und die kam außerdem auf die Idee, Bremerhaven an den Zahlungen zum „Fonds Deutsche Einheit“ zu beteiligen. Das machte für das noch laufende Jahr knapp 1,9 und für das kommende 8,3 Millionen Mark. Schließlich sei Bremerhaven schuldenfrei, seit die Stadt vom Land Bremen entlastet worden sei. Eigentlich erwartete die Sparrunde eine Aufschrei aus Bremerhaven, doch der ist ausgeblieben.
Bremerhaven schweigt bislang zu den Sparvorschlägen aus der Landesregierung, große Teile der bremischen Verwaltung dagegen mauern — und zwar sowohl bei Einsparvorschlägen, als auch bei den Überlegungen, welche Teile der Verwaltung entweder in den Status eines Eigenbetriebs oder gar ganz in die Privatwirtschaft entlassen werden könnten. „Nicht sinnvoll“ ist die meistgebrauchte Floskel der Stellungnahmen aus den Ressorts, wenn die Vorschläge der Sparkommissare umgesetzt werden sollen. Bei der Einführung von Eintrittsgeldern für den Rhododendronpark in der Blütezeit schrieb das Gartenbauamt erstmal eine Kampfvorlage: Dagegen. Die hat es mittlerweile kleinlaut wieder zurückgezogen. Und als die Sozialbehörde aufgefordert wurde zu prüfen, ob denn der Kindergarten-und Jugendbereich nicht besser privat organisiert werden könne, wie in Hamburg, da war die Antwort ganz lapidar: Darüber geben es keine Kenntnisse.
Da sind die Einsparer schon froh, auf einen Schlag einen Batzen wie den Bremerhavener zusammenzubekommen. Mehr Entlastung in derselben Größenordnung ist dem Vernehmen nach kaum zu erwarten. Nur noch ein Posten wäre größer: Das umstrittene Landespflegegeld macht fünf Millionen Mark aus. Doch vor der Streichung stehen nach wie vor die Grünen. An eine Streichung wäre nur zu denken, wenn sie von der Bonner Pflegeversicherung aufgefangen würde.
Von den Untersuchungsämtern bis zum Gartenbauamt — bei jedem Versuch, ein Amt in einen Eigenbetrieb umzuwandeln, kommt das katagorische „geht nicht“. Doch trotz aller Widerstände: In einer Senatsvorlage bilanziert der Finanzsenator, daß zum Beginn des kommenden Jahres sowohl das Rechenzentrum als auch Fernmeldetechnisches Amt und die zusammengefaßten Untersuchungsämter in Eigenbetriebe zusammengefaßt werden sollen. Bei Gartenbauamt sind noch Beratungsfirmen dabei, die Überführung zu prüfen. Doch da muß der Personalrat jedem Schritt zustimmen. Und der hat keine Eile.
Ein paar Wochen hat die Arbeitsgruppe noch aber, dann sollen die angepeilten 50 Millionen auf dem Tisch liegen. Am 19. Oktober will der Senat das Sparpaket verabschieden. J.G.
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