■ Querspalte: Kanther und das Florett
Der Regen regnet, und Manfred Kanther redet: „Eine multikulturelle Gesellschaft mit all ihren Sprüngen und Klüften“, teilt der Innenminister dem WDR mit, lehne er ab, denn „überall wo sie besteht – zuletzt braucht man leider nur in das frühere Jugoslawien zu schauen –, ist das ein schlimmer Streß und oft noch viel mehr Leid und Streit zwischen den Bevölkerungsgruppen.“ Stimmt: Es ist nicht angenehm, wenn man als Fußgänger von BMW fahrenden und brüllend laut Ülügülü hörenden Türken mit videokassettengroßen Schnäuzern über die Straße gejagt wird. Der gemeine Ausländer hat eben genausoviel Kot im Kopf wie der gemeine Deutsche. Na und?
Streß dagegen ist es, von einem Mann regiert zu werden, der sich selbst schon fünfmal das goldene Mutterkreuz verliehen hat und dem das nicht reicht. Kann man Manfred Kanther, diesen Subunternehmer und Zulieferer für Folterländer, nicht abschieben? Aber wohin? Welches Land ist einem so verekelt und verhaßt, daß man ihm einen wie ihn zuschustern möchte? – So gesehen ist Kanther in Deutschland schon am richtigen Platz.
Und trotzdem wurmt es einen, wenn ausgerechnet dieser extrem vermehrungswillige Mann darüber hetzt, die Zahl der Ausländer in Deutschland wachse „unbegrenzt und praktisch willkürlich“, obwohl sogar er weiß, daß das gelogen ist. Gerne hätte man, wenn die sonst doch auch so hyperengagierten Gutendeutschen, also zum Beispiel Giordano, Niedecken und Schorlemmer usw., zusammenlegten, um einen Profi mit der Lösung des Problems zu beauftragen. Aber von denen kommt nur Pustekuchen.
„So geht das aber nicht!“ fährt mir jetzt Redakteur Reinecke in die Parade. „Wir hatten doch Florett vereinbart!“ – Ich kann verstehen, daß Manfred Kanthers Familie den Mann an die Öffentlichkeit loswerden möchte – dennoch gehört der Herrenrassist zügig reprivatisiert. Ob das mit der Keule passiert oder sonstwie, ist egal. Von mir aus sogar mit dem Florett. Florett ist aber teurer.
Wiglaf Droste
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