Nachgefragt: „Wir sind doch nicht im wilden Westen“
■ Bernd Langer vom BUND über den Bremer Restmüll in der Biotonne
Klappt das Bremer Müllkonzept? „Es klappert“, hatte Ende letzter Woche Friedhelm Behrens, Sprecher der Bremer Entsorgungsbetriebe kurz und bündig zusammengefaßt. Grund war die letzte Hiobsbotschaft, die die BEB zu verbreiten hatten. Die Hälfte des Bioabfalls aus der Braunen Tonne muß in die Müllverbrennungsanlage gekippt werden, weil der mit Hausmüll oder viel zu vielen Gartenabfällen versetzt und deshalb untauglich für die teure BEB-Kompostierungsanlage ist. Wir fragten nach bei Bernd Langer vom Bund Umwelt- und Naturschutz (BUND).
taz: Nach dieser Nachricht muß es doch bei allen Bremer Ökos einen Sturm der Entrüstung gegeben haben. Wieviel Protest hat es denn gegeben?
Bernd Langer, BUND-Müllexperte: Also bei uns haben komischerweise gar keine Leute angerufen. Wir selbst haben uns bei den BEB erkundigt, was der Hintergrund der Aktion ist. Und da mußte wir eben leider zur Kenntnis nehmen, daß der Müll stark verunreinigt ist.
Haben Sie die Probleme nicht erwartet? Die Biotonne war doch im Zusammenhang mit der codierten Tonne von Anfang an umstritten. Es gab ja immer die Bedenken, daß dann der Hausmüll über den Biokübel entsorgt wird.
Na gut, die Erfahrung mußte erst mal gemacht werden. Das Modell Biotonne plus codierte Tonne gibt es ja sonst in Deutschland nicht. Das ist jetzt ein Resultat davon. Gravierender als der Restmüll ist allerdings das Problem mit den Grünabfällen, die zu viel in die Tonnen geworfen werden. Das hat der Verbraucher falsch verstanden. Schließlich steht auf den Biotonnen ja drauf, daß ein Teil Grünabfall entsorgt werden kann. Das kann aber durch eine Öffentlichkeitsaktion ausgebügelt werden, ganz so, wie sie die BEB auch vorhaben. Das Problem Grünabfall ist lösbar, und das Problem Restmüll muß ebenfalls angegangen werden.
Wie?
In erster Linie muß aufgeklärt werden, was die Leute anrichten, die den Restmüll in die Biotonne werfen. Und wenn das nichts hilft, dann müssen Kontrollen stattfinden und den Leuten muß die Biotonne entzogen werden.
Wäre es nicht sinnvoll, eine Gebühr für die Biotonne einzuführen? Bei den BEB wird darüber nachgedacht.
Ob das sinnvoll ist, darüber sind wir uns auch noch nicht im Klaren. Auf jeden Fall müßte die Biotonne billiger als die Restmülltonne sein. Sonst würde der Bürger, der den Müll trennt, auch noch dafür bestraft. Ob einige Leute diese kleine Differenz nicht auch ausnutzen, wenn sie das wirklich wollen, das weiß ich nicht.
Wie könnte denn eine Kontrolle aussehen? Müllsherrifs wie in Schweinfurt?
Ein Blick in die Mülltonne reicht doch. Und wer zwei, drei Mal erwischt wird, der kriegt die Tonne eben entzogen. Wir leben ja nicht im Wilden Westen. Ich kann nicht den Müll auf die Straße schmeißen, und ich kann auch nicht den Restmüll in die Biotonne schmeißen. Das ist doch durchaus vergleichbar. Aber so viel ich weiß will da der Umweltsenator auf keinen Fall ran.Nochmal zurück zur Stimmung in der Stadt. Daß sich beim BUND niemand gemeldet hat kann ja auch bedeuten, daß die Leute nach all den Müll- und Gebührendebatten der letzten Jahre zwar sauer sind, aber langsam auch resigniert haben.
Ich glaube, man darf das nicht überbewerten. Ich habe keine Entrüstung gespürt, auch bei meinen Vermietern nicht. Das sind ältere Leute, die haben das zur Kenntnis genommen, waren überrascht und haben gesagt: Na gut, werfen wir weniger Grünabfall in die Tonne. Der Frust ist auf ein paar Leserbriefe beschränkt. Fragen: J.G.
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