: Unterm Strich
Michael Jackson neben Henning Voscherau auf dem Balkon des Bremer Rathauses: eine gelungene Inszenierung. Neben dem korrekten Regierungschef wirkte Jackson mit schwarzem Hut und schwarzer Uniform wie ein mittelalterlicher Scharfrichter, winkte aber durchaus freundlich den 2.000 bis 3.000 Fans zu, die sich auf dem Marktplatz versammelt hatten. Zuvor hatte Jackson sich in das goldene Buch der Stadt eingetragen. Heute Abend beginnt im Weserstadion seine Europatournee.
Im Kleisttheater in Frankfurt (Oder) wird immer noch gehungerstreikt; der Streik im Pariser Louvre aber ist beendet. Schade eigentlich, denn der Ausstand von Kassierern und Kontrollpersonal bescherte den Museumsbesuchern zwei Tage lang kostenlosen Eintritt. In der vergangenen Woche war das Museum für fünf Tage gesperrt, weil streikende Nachtwächter den Zugang blockierten. 20.000 enttäuschte Touristen pro Tag waren die Folge – das wollte man nun nicht schon wieder riskieren.
Die Infantilisierung der Gesellschaft schreitet voran – zumindest in Holland. Eine zunehmende Zahl der 20- bis 40jährigen liest dort lieber Kinderbücher als Literatur für Erwachsene. Das ist einer der Gründe dafür, daß der Anteil der Kinderbücher am Gesamtumsatz der Branche seit 1990 von 6,8 auf 9,1 Prozent gestiegen ist. „Unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen besteht ein nicht geringes Fluchtbedürfnis“, sagte Trendforscher Carl Rohde. „Sie haben das Gefühl, daß sie ihr Leben nicht unter Kontrolle haben und suchen diese Kontrolle in Filmen wie ,Raumschiff Enterprise‘ und in Kinderbüchern.“ Für solide Orientierung unter Erwachsenenbüchern sorgt unverdrossen die SWF-Bestenliste. An der Spitze steht im Juni Klaus Merck mit „Jacob schläft“, auf den Plätzen folgen Gedichtbände von Paul Celan und Paul Wühr und neue Romane von Stewart O'Nan, Peter Kurzeck und Silvio Huonder.
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