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Unterm Strich

Bereitschaft der Reformbefürworter, evtl. doch noch ein wenig die Reform zu reformieren, als „zu spätes Eingeständnis des Scheiterns“ werteten. Die Petition für sofortigen Stopp, auch wieder von Friedrich Denk unterschrieben, läuft zu dem Argument auf, eine weitere Anwendung „von unklaren und vorläufigen Regeln in den Schulen und Verlagen sei verantwortungslos“ (menschenverachtend? faschistisch?).

Wahnsinn und Gesellschaft, Part I: Kaum ist der Wundschorf von Harald Juhnkes stark strapaziertem Gesichtsfleisch halbwegs abgebröselt, da geht alles schon wieder von vorne los. Das Maxim-Gorki- Theater hat am Freitag die nächste Vorstellungsserie von Carl Zuckmayers „Der Hauptmann von Köpenick“, in der Juhnke im semiseriösen Genre paradierte, abgesagt. „Harald Juhnke ist im Krankenhaus“, heißt es lapidar in der Headline der Presserklärung. In der vergangenen Woche war Juhnke aus einem 13tägigen Tiefschlaf erwacht und befindet sich nach Angaben seines Arztes Dr. Djawad Moschiry „auf dem Weg der Besserung“ – was immer in diesem Fall darunter zu verstehen sein mag.

Revolution Number 9: Offenburg, die Perle der Ortenau, eines der vielen Tore zum Schwarzwald, die Stadt der Langeweile, des Weines und der „Burda Moden“ (ächz! – wir sprechen aus eigener Erfahrung!), reklamiert jetzt immerhin eine Führungsrolle hinsichtlich der 1848er Revolution. In Offenburg ging es nämlich, beeinflußt vom nahen Fronkreisch, schon 47 los mit der Einheits- und Demokratiebewegung. Ein halbes Jahr „bevor die Woge über Europa schwappte“, wie dpa formuliert, proklamierte der Mannheimer Anwalt Friedrich Hecker am 12. September 1847 unter dem Beifall von 900 Zuhörern im „Salmen“ (so heißt in der Gegend mancherlei Beiz) zu „Offeburig“ (so dialektal der Stadtname) die „Forderungen des Volkes“, auf die zum Teil das Grundgesetz zurückgeht. Das Fest zur Vorreiterrolle (100.000 Besucher) fand an diesem Wochenende statt, es war der Auftakt von etwa 600 Revolutionsgedächtnisfeiern in den nächsten drei Jahren.

Kirche und Welt forever: Mit einer ökumenischen Sternwallfahrt und einem feierlichen Gottesdienst ist am Samstag das Hildegard-von-Bingen-Jubiläumsjahr in Bingen, das ja, von Baudenkmälern abgesehen (Mäuseturm!), in den letzten drei Jahrhunderten auch nicht gerade von sich hat reden machen, offiziell eröffnet worden. Mehrere tausend gedachten der Ordensfrau, Naturwissenschaftlerin, Komponistin und Mystikerin, die an diesem Wochenende 900 geworden wäre. Reden wurden auch geschwungen. Der Pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck bezeichnete Hildegard als „wegweisende Autorität des Abendlandes“. Man solle zu ihr aufsehen, sich was von ihrer „höchsten feurigen Kraft“ abschneiden, „um die Probleme der Zeit zu meistern“.

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