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Die Zapatisten enthüllen ihre Gesichter

■ Aufständische aus Chiapas rufen ein politisches Bündnis ins Leben. Die neugegründete FZLN soll die Regierung kontrollieren. Keine Teilnahme an Wahlen

Mexiko-Stadt (taz) – Der dritte Anlauf zur Gründung einer zivilen zapatistischen Bewegung war erfolgreich: Mehrere tausend Menschen gründeten am Samstag in Mexiko-Stadt das Zapatistische Bündnis der Nationalen Befreiung (FZLN). Als „landesweite, zivile, unabhängige und demokratische Kraft“ will es nicht nach der politischen Macht streben, sondern die Regierenden zwingen, „gehorchend zu regieren“. Wer im FZLN mitarbeitet, soll kein politisches Wahlamt innehaben dürfen. An der Gründungsveranstaltung nahmen auch die 1.111 Repräsentanten der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) teil, die am Freitag bei ihrer Ankunft in der mexikanischen Hauptstadt von einer begeisterten Menschenmenge empfangen worden waren. Einer ihrer Sprecher wies in seiner Begrüßungsrede vor den Teilnehmern darauf hin, daß FZLN „ein anderes Gesicht haben“ müsse. Damit meinte er sowohl die Abgrenzung zu den Zapatisten als bewaffnete Bewegung als auch die wirkliche Unterscheidung von den politischen Parteien.

Ein Dilemma, das die weitere Entwicklung des FZLN ständig begleiten dürfte. Der starke Einfluß der Zapatisten, die ihren Worten nach nur eine der vielen Kräfte im neuen Bündnis sein wollen, ist unbestritten. Vom Erfolg oder Mißerfolg der neuen Organisation hat die EZLN ihre eigene Zukunft abhängig gemacht. Auf der anderen Seite wurde durch die Präsenz des linken Oppositionspolitikers und gewählten Bürgermeisters von Mexiko-Stadt, Cuauhtémoc Cárdenas, das Spannungsverhältnis besonders zur Partei der Demokratischen Revolution (PRD) deutlich.

Letztendlich hoffen viele Mitglieder des FZLN auf ein weiteres Erstarken dieser Partei, um ihre Vorstellungen vom „gehorchenden Regieren“ besser durchsetzen zu können. Cárdenas selbst äußerte sich auf der Veranstaltung vorsichtig. Es sei dort anwesend, weil es zwischen seiner Partei und der FZLN „einige übereinstimmende Punkte“ gebe, sagte er gegenüber der Presse.

Auch von der mexikanischen Regierung war die Gründung des Bündnisses immer wieder begrüßt worden. Staatspräsident Zedillo sieht darin einen entscheidenden Schritt zur Umwandlung der Zapatisten in eine rein zivile Bewegung. Damit verbindet sich die Hoffnung auf eine Entwaffnung der EZLN.

Bis zum morgigen Dienstag wird das Zapatistische Bündnis der Nationalen Befreiung in vierzehn Arbeitsgruppen über die konkreten Ziele und Aktionen der nächsten Monate diskutieren. Danach beginnt dann die eigentliche Bewährungsprobe. Gerold Schmidt

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