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„Liebe taz...“ Kein Vertrauen in Abgeordnete

Betr.: „Diätenerhöhung für Bremer Abgeordnete“, taz bremen vom 20. Juli

Die Bremer Abgeordneten wollen sich wieder einmal ihre Diäten erhöhen. Und das gerade jetzt, wo Wirtschaftsminister Müller verkündet, man solle mehr Eigeninitiative zeigen und bei den Sozialausgaben sparen. Was natürlich wie immer gerade die Menschen trifft, die sowieso nur über ein Einkommen verfügen, das kaum zum Überleben reicht. Wie stellt sich der Herr Minister diese Eigeninitiative denn vor? Wovon soll zum Beispiel ein Arbeitslosenhilfeempfänger eine Fort- oder Weiterbildung in seinem erlernten Berug zahlen? Oder ist mit Eigeninitiative etwa etwas anderes gemeint? Sollten sich die Erwerbslosen etwa, nachdem sie durch die von der Wirtschaft verursachte lange Zeit ohne Erwerbsarbeit herunterqualifiziert wurden, nur noch nach schlecht bezahlten Billiglohnjobs umsehen und die Hoffnung auf gut qualifizierte und ebenso gut bezahlte Arbeit aufgeben? Für Langzeiterwerbslose ist damit ein Leben als working poor ohne Hoffnung auf Besserung programmiert! Anscheinend verwechselt Herr Müller die Begriffe Sparen und Einsparen. Gerade Langzeiterwerbslose können weder das eine noch das andere. Für Erwerbslose, denen zum Beispiel jedes Jahr ihre Arbeitslosenhilfe um drei Prozent gekürzt wird, um sie so leichter in sogenannte Niedriglohnsektor-Jobs vermitteln zu können, ist dieses Verhalten nicht verständlich. Eigentlich müßten die Grünen, und vor allem die große Partei mit dem ebenso großen S für Sozial in ihrem Namen, gegen die Diäten-Erhöhung stimmen. Gerade die SPD, die bei ihrem Wahlkampf für mehr soziale Gerechtigkeit eingetreten ist, will jetzt nichts mehr von diesem Thema hören. Im Gegenteil: Aus Sicht der Erwerbslosen sieht es eher nach dem Prinzip „gib den reichen Unternehmern und kürzt/nehmt den Armen( zum Beispiel den Langzeiterwerbslosen) ihr jetzt schon kärgliches Einkommen“. Aus diesem Grunde genießen weder Henning Scherf noch die SPD, bei den sozial Schwachen, wie Rentnern, Erwerbslosen, Sozialhilfeempfängern etc., auch nur den Rest irgendeines Vertrauens. Und das zu Recht!

R. Maréchal, langzeit-

erwerbsloser Schriftsetzer

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