: Amerikas Grenzen werden dichter
■ US–Repräsentantenhaus beschließt Amnestie für Millionen illegaler Einwanderer / Jetzt muß noch der Senat entscheiden / Verschärfte Bestimmungen für illegale Beschäftigung / Schlechte Zeiten für Einwanderer nach 1982 / Duldung für Nicaraguaner und Salvadorianer
Washington (taz)– Das US–Repräsentantenhaus hat am Donnerstagabend eine Amnestie für Millionen von Einwanderern beschlossen, die vor 1982 in die USA kamen und sich dort ohne gültige Aufenthaltspapiere niedergelassen haben. Der mit 230 gegen 166 Stimmen verabschiedete Gesetzesentwurf sieht zugleich härtere Strafen - bis zu 5.000 Dollar und sechs Monate Gefängnis - für Arbeitgeber vor, die illegal in den USA lebende Personen beschäftigen. Nach der überraschenden Einigung im Repräsentantenhaus sind die Chancen der seit 15 Jahren umkämpften Reform der Immigrationsgesetze auch im Senat gestiegen. Bemühungen von Abgeordne ten beider Parteien, die verschiedenen politischen und ökonomischen Interessen in Übereinstimmung zu bringen, führten dazu, daß das Repräsentantenhaus am Donnerstagabend das Gesetz erneut zur Beratung auf die Tagesordnung setzte, obwohl es schon vor vierzehn Tagen abgeblockt worden war. In seinem wesentlichsten Punkt sieht es vor, daß Unternehmer sich in Zukunft vergewissern müssen, nur Arbeiter mit einer gültigen Arbeitserlaubnis zu beschäftigen. Darüber hinaus wird eine große Zahl von Immigranten, die seit mindestens 1982 in den USA leben, eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhalten; gleiches trifft auf Einwanderer zu, die in den letzten drei Jahren jeweils 90 Tage in der US–Landwirtschaft gearbeitet haben. Schließlich beließ das Repräsentantenhaus eine Passage in dem Gesetzentwurf, in der Nicaraguanern und Salvadorianern eine generelle Aufenthalts– Duldung für zwei Jahre ausgesprochen wird. Stefan Schaaf Fortsetzung auf Seite 6
Vor allem die letzte Vorschrift sollte liberale Abgeordnete beruhigen, die befürchten, daß die Kontrolle der Arbeitserlaubnis durch Unternehmer zu Diskriminierungen führen könnten. Wenn ein Farmer in Kalifornien zukünftig mit Strafen bis zu 5.000 Dollar für das Beschäftigen illegaler Immigranten bedroht würde, so deren Argumentation, werde das Mißtrauen gegen hispanische Arbeiter weiter anwachsen. Die Amnestiebestimmungen für Einwanderer, die schon seit vier und mehr Jahren in den USA leben, waren dagegen vor allem konservativen Abgeordneten ein Dorn im Auge, sie konnten durchsetzen, daß die jetzt beschlossenen Bestimmungen schärfer ausgefallen sind als ursprünglich vorgesehen. Die große Bedeutung mexikanischer Arbeiter für die Landwirtschaft im Südwesten der USA verhinderte umfassendere Restriktionen. Die wachsende Zahl von Einwanderern, die vor allem aus Mexiko über die Südgrenze der USA kommen, und die auf zwischen acht und zwölf Millionen geschätzte Zahl illegal in den USA Lebender führte letztendlich zu dem parlamentarischen Kompromiß, in dem alle Seiten nachgegeben haben. Der Gesetzentwurf wird nun mit einem in den meisten, aber nicht allen Punkten übereinstimmenden Senatsentwurf abgeglichen werden müssen, bevor die Abgeordneten ihm endgültig ihren Segen erteilen können. Man kann erwarten, daß dies angesichts des dringlichen Bedürfnisses der Parlamentarier, in ihren Wahlkreisen auf Stimmenfang für die Novemberwahlen zu gehen, rasch vonstatten gehen wird. Die Duldung für Nicaraguaner und Salvadorianer wird dabei vermutlich auf der Strecke bleiben - man erwartet von Präsident Reagan, daß er das Gesetz nur unterzeichnet, wenn diese Passage nicht mehr darin vorkommt.
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