piwik no script img

Schau–Kämpfe um die Macht in Israel

■ Streit in der Koalition der Nationalen Einheit über Besetzung der einflußreichsten Posten nach der Rotation. Diese erweitert die Einflußsphäre des Likud–Blocks, da Sicherheitsministerium und Fiskus mitrotieren. / Spekulationen über möglichen Alleingang der Arbeiterpartei

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Wegen Differenzen über die personelle Zusammensetzung der alten–neuen Regierung rotiert der Stuhl des israelischen Ministerpräsidenten immmer noch leer zwischen den beiden Kontrahenten Peres und Shamir. Beide stellen sich in Positur: Es geht um Macht–Positionen nicht nur im Rahmen der breiten Koalition nach der Übernahme der Regierungsleitung durch Shamir und seine Likud–Leute. Die beiden großen Parteien haben gleicher maßen auch die nächsten Knesset– Wahlen vor Augen, die erst in zwei Jahren stattfinden sollen, wohl aber vorverlegt werden. Für den Erfolg bei Parlamentswahlen war hier stets die finanzielle und politische Machtstellung der großen Parteiapparate und ihrer Führer in entscheidenen Schlüsselpositionen der Regierung ausschlaggebend. In den Monaten vor der Wahl füllt die jeweilige Regierung die Portemonnaies der Bürger und monopolisiert kurzerhand, wenn auch indirekt, die Massenmedien wie Rundfunk und den einzigen israelischen Fernsehkanal.Die Rotation wird jetzt die Einflußsphären des Likud–Blocks erweitern, da das Ministerpräsidium, das Sicherheitsministerium und der Fiskus mitrotieren. Der interne Machtkampf um die zukünftige Führung des Likud steht noch bevor, und Shamirs Rivalen - vor allem Sharon, Levy und Arens - warten auf eine Gelegenheit, in die Offensive zu gehen. Zudem ist es vor allem angesichts der Radikalisierung der religiösen Parteien zu einer allgemeinen Verschiebung nach rechts gekommen. Die Gush–Emunimlobby und die rechtsextreme Tehya– Partei gewinnen an Wirkung. Peres pragmatisch–versöhnliche Haltung gegenüber seinen Kollegen im rechten Lager, seine Vorliebe für nationale Kongruenz hat seine eigene Partei der Arbeit ohne selbständiges alternatives Friedenskonzept gelassen: Ausschlaggebend für Popularität bleibt der von rechts dirigierte Konsens, der wiederum von Washington gefordert wird - vorausgesetzt, daß die von Peres geführte Politik im wesentlichen fortgesetzt wird. Man nimmt hier also an, daß die gegenwärtige Krise mit einem Kompromiß endet, ohne die Rotationsabkommen hinfällig zu machen. Zugleich hört man aber auch Stimmen, die behaupten, Peres sondiere, als Vorbereitung auf den Wahlkampf, die Möglichkeiten einer „kleinen Koalition“ ohne Likud und ohne Rotation. Die religiösen Parteien zeigen allerdings wenig Interesse an derlei Perspektiven. Also wird man rotieren - etwas verspätet, aber dennoch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen