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Die Spuren führen nach Südafrika

■ Immer mehr Indizien lassen eine Täterschaft Südafrikas bei dem Tod des mosambikanischen Präsidenten Machel vermuten / Die Verantwortung Südafrikas für Flucht und Vertreibung in Mosambik / Malawi ist der einzige Verbündete des Apartheidstaates

Von Hans Brandt

Johannesburg (taz) - Neue Anhaltspunkte stärken den Verdacht, daß Südafrika für den Tod des mosambikanischen Präsidenten Samora Machel am 20. Oktober verantwortlich ist. Jüngste Vorwürfe werden von Augenzeugen erhoben, die behaupten, daß Machel mehr als vier Stunden nach dem Absturz noch am Leben war. Die Zulu–sprachige Zeitung Ilanga zitiert Einwohner des Dorfes Mbuzini, in dessen Nähe das Flugzeug mit Machel an Bord abstürzte. Eine Krankenschwester, die als eine der ersten den Absturzort erreichte, bestätigte diese Berichte. Ihr zufolge erkannten die Dorfbewohner Machel an seiner blutüberströmten Uniform. Sie betonten, daß Machel noch immer atmete, als sie von der Polizei gezwungen wurden, den Absturzort zu verlassen. Die Behörden wollten am Mittwoch keinen Kommentar zu diesen Vorwürfen geben. Sie wiesen lediglich darauf hin, daß die Absturzursache zur Zeit von einer offiziellen Kommission untersucht wird. Die jüngsten Vorwürfe werdenvon zwei Überlebenden des Absturzes bestätigt. Sie hatten am Wochenende in Maputo erklärt, daß südafrikanische Polizisten nach ihrer Ankunft am Absturzort zuerst diplomatische Dokumente und andere Papiere einsammelten und dabei die Hilferufe der Überlebenden ignorierten. Der Vorwurf wurde von Polizeisprechern vehement zurückgewiesen. Dennoch wurde in den letzten Tagen über die Möglichkeit spekuliert, daß die Maschine des mosambikanischen Präsidenten durch elektronische Störmanöver vom Kurs abgebracht wurde und gegen einen Berghang prallte. Regierungssprecher in Angola bestätigen, daß die Bordinstrumente angolanischer Kampfflugzeuge bei Gefechten mit südafrikanischen Einheiten massiv gestört wurden. Inzwischen macht selbst Mosambik, das sich anfänglich noch mit Vorwürfen gegen Südafrika zurückgehalten hatte, implizit Pretoria für Machels Tod verantwortlich. Am eindeutigsten hat jedoch Präsident Kenneth Kaunda von Sambia Position bezogen. Er sagte am Mittwoch in Maputo, wo die Frontstaaten nach Machels Beerdigung einen Minigipfel hielten, daß es genügend Indizien gebe, um Südafrika für Machels Tod verantwortlich zu machen. „Wir halten Südafrika so lange für schuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist,“ sagte Kaunda. Er sei ausserdem der Überzeugung, daß Südafrika einen Plan habe, die Führer der Frontstaaten zu eliminieren. Südafrikas Verteidigungsminister, General Magnus Malan, warnte am Wochenende, daß fortgesetzte Vorwürfe gegen Pretoria eine „negative Auswirkung“ auf Südafrikas Beziehungen zu seinen Nachbarländern haben werde. Die Kriegserklärung der MNR gegen Simbabwe, dessen Premierminister Robert Mugabe versprochen hatte, die derzeitige Regierung in Mosambik bis zum letzten Mann zu verteidigen, ist dafür ebenso ein Zeichen wie die ver schärfte Offensive der rechten MNR–Rebellen in Mosambik. Vor allem an der nördlichen Grenze mit Malawi finden zur Zeit erbitterte Gefechte statt. Seit Beginn dieser Offensive vor drei Wochen sollen zwischen 40.000 und 60.000 Mosambikaner über die Grenze nach Malawi geflohen sein. Ohnehin halten sich schon seit etwa drei Jahren tausende von mosambikanischen Flüchtlinge in den Nachbarländern auf. Allein in Südafrika wird ihre Zahl auf 260.000 geschätzt. Malawi ist das einzige Land im südlichen Afrika, das volle diplomatische Beziehungen mit Südafrika unterhält. Diese Verbindung hat der Präsident auf Lebenszeit, Hastings Kumuza Banda, seit der Unabhängigkeit des Landes 1964 gegen allen Widerstand der Nachbarländer, aufrecht erhalten. Südafrika hat den rechten, vehement anti–kommunistischen Einparteienstaat dafür großzügig belohnt. Mit Pretorias Anleihen ließ Banda seine neue Hauptstadt Lilongwe bauen. Seine vergleichsweise gute wirtschaftliche Lage hat Malawi fast ausschließlich dem Apartheidstaat zu verdanken. Dennoch gehört auch Malawi zur SADCC, jener Organisation, die durch Zusammenarbeit die wirtschaftliche Abhängigkeit der Staaten des südlichen Afrikas von Südafrika reduzieren will. Doch für die Frontstaaten, zu denen Malawi nicht gehört, ist das rechte Regime eine Bedrohung, „ein Dolch im Rücken“, wie sie es nennen. Deshalb besuchten die Führer von Sambia, Simbabwe und Mosambik Mitte September den Präsidenten von Malawi. Sie warnten, daß sie die Grenzen mit Malawi schliessen, und damit Malawis Transportwege nach Südafrika unterbrechen würden, wenn Banda nicht seine Unterstützung für die MNR–Rebellen aufgeben würde. Außerdem trafen sich die Führer von Angola, Mosambik und Sambia mit Mobuto Sese Seko, dem Diktator von Zaire. Auch der zweite rechte Staat im südlichen Afrika sollte durch die Warnung vor wirtschaftlichen Konsequenzen dazu gebracht werden, sich in die Front gegen Südafrika einzureihen. Dabei wird Zaire vor allem für seine Unterstützung der UNITA–Rebellen in Angola verurteilt. Genau von diesem Treffen in Lusaka kam Samora Machel zurück, als sein Flugzeug auf südafrikanischem Territorium abstürzte. Einer der wichtigsten Führer der Frontstaaten war eliminiert. Das, so sagen Beobachter in Maputo, war Pretorias Reaktion auf den Versuch der Frontstaaten, ihre Kräfte gegen den Apartheid–Staat zu sammeln.

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