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Mehr Ärger als Profit

Die Befriedigung, mit der US– amerikanische Anti–Apartheid– Gruppen zunächst auf die Ankündigung des Automobilkonzerns „General Motors“, sich aus Südafrika zurückzuziehen, reagiert hatten, wich bald darauf ärgerlichen Tönen. Grund für den Stimmungswandel waren die Bedingungen, zu denen die Transaktion vonstatten gehen soll. General Motors ist nicht die einzige große US–Firma, die in den letzten zwei Wochen ihr „Disinvestment“ in Südafrika bekanntgegeben hat. Auch IBM und der Schallplattenkonzern „Warner Communications“ kündigten an, ihr Kapital aus dem Apartheidstaat abzuziehen. Doch das Kapital abzuziehen, heißt noch lange nicht, die Geschäftsbeziehungen abzubrechen und damit der südafrikanischen Wirtschaft einen weiteren Schlag zu versetzen. GM wird ebenso wie IBM und einen Monat zuvor der Coca–Cola–Konzern seine Niederlassung an südafrikanisches Management verkaufen. Die Konsequenz: auch nach dem 1. Januar 1987 wird man in Südafrika GM–Fahrzeuge oder IBM–Computer kaufen oder repariert be kommen können. Die neuen Eigentümer werden dies übernehmen, denn die Mutterfirma wird ihnen eine Lizenz erteilen. „Business as usual“ erwartet der geschäftsführende Direktor von IBM Südafrika auch für das nächste Jahr. Für den Mutterkonzern in New York hat das Geschäft noch einen weiteren angenehmen Aspekt: Die Käufer erhalten, um die Kaufsumme begleichen zu können, von IBM einen Kredit mit einer Laufzeit von fünf Jahren - wohlverzinst, versteht sich. Und für die Zwischenzeit hat die Konzernzentrale sich im Kaufvertrag eine Rückkauf–Option gesichert. In stärkerem Maß noch als General Motors, dessen Umsätze in den letzten fünf Jahren um 40 Prozent zurückgingen, erziehlte IBM in Südafrika Profite. Und es besteht wenig Zweifel daran, daß auch der Verkauf der Niederlassung ein gewinnträchtiges Unterfangen sein wird. IBM hat in Südafrika 1.500 Angestellte und ist damit die achtgrößte US–Firma im Land, General Motors rangiert mit 3.000 Angestellten nach „Mobil Oil“ an zweiter Stelle. Der Detroiter Automobilkonzern machte nur ein Prozent seines Profites in Südafrika, handelte sich dafür „aber 99 Prozent unseres Ärgers“ ein - mit diesen Worten charakterisierte ein Konzernsprecher den wachsenden Druck der Anti–Apartheid–Gruppen in den USA auf Firmen, die in Südafrika tätig sind. Sprecher der Bewegung werteten besonders den Abzug des GM– Kapitals als symbolischen Erfolg, denn diese Firma hatte noch am heftigsten die bisherige US–amerikanische Strategie des sogenannten „konstruktiven Engagements“ verteidigt. Doch deren Unterstützer werden immer weniger zahlreich. Leon Sullivan, der die sogenannten „Sullivan–Prinzipien“ aufgestellt hatte, an denen sich US–Firmen bisher orientierten, und der im Aufsichtsrat von GM sitzt, hat dem Apartheid–Regime eine Frist bis Mai nächsten Jahres eingeräumt. Wenn sich bis dahin nichts an der Rassendiskriminierung in Südafrika geändert habe, werde er den nach ihm benannten Verhaltenskodex widerrufen und amerikanische Firmen auffordern, sich völlig aus Südafrika zurückzuziehen. Stefan Schaaf

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