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D O K U M E N T A T I O NBetrifft: Hamburger Brandsätze

■ Bei unserer Hamburger Redaktion gingen zwei Bekennerbriefe ein: Es geht um die Brandanschläge am Wochenende vor Weihnachten in 20 Hamburger Kaufhäusern und Banken. Dem Bekennerbrief (“The Same Procedure...“) folgte einige Tage später ein Zusatz (“Wir haben Fehler gemacht“)

„The Same Procedure As Every Year... ..dachten sich 20 kleine Brandsätze und gingen zum Fest in Kaufhäuser und Banken – raus aus der City, rein in die Provinz – denn es gibt kein richtiges Hinterland; aber nun mal von Anfang an: Die Herrschenden in diesem unseren Lande sind so frei, ihr faschistisches Gesicht immer unverhohlener zu zeigen. Mit der wachsenden Verarmung des Proletariats und ihrer politischen Unterdrückung steigt der Haß und wird zunehmend konkret in Taten umgesetzt, auch wenn viele noch durch die immer perfektere Konsumscheiße käuflich sind. ( ... ) Wir freuen uns über jeden Schritt , die staatliche Isolation der Militanten zu überwinden, wie es uns mit der Demonstration gegen den Abriß der Hafenstraße gelungen ist. ( ... ) – Die Herrschenden versuchen durch neue oder Wiederaufnahmen alter Gesetze uns weiter zurückzudrängen, um ein größeres Feld von Menschen erfassen und kriminalisieren zu können. (...) 24 Stunden lang wurde die Kieferstraße in Düsseldorf terrorisiert – und das alles angeblich wegen eines „Braunmühl“. (...) Anfang des Monats (Dezember) wurde von Bayerischen Gerichten die Bundeskonferenz gegen das Atomprogramm aufgelöst.(...) – In Göttingen wurde den Menschen der Lebensraum genommen, Häuser für Spekulantenschweine geräumt und vollständig zerstört. (...) – In München wird eine Veranstaltung zur Situation und für die Zusammenlegung der politischen Gefangenen aus RAF und Widerstand nach 10 Minuten von den Bullen aufgelöst. (...) – Seit Jahren werden die Leute in den Häusern der Hamburger Hafenstraße von den SPD-Schlägern daran gehindert, sich ihr Leben und ihren Lebensraum so einzurichten, wie sie es wollen.(...) Sie haben unsere heutige Demo (am Samstag vor Weihnachten in Hamburg, Anm. d. Redaktion), die allen viel power gegeben hat, feige angegriffen. (...) Wichtig war, daß die beteiligten Gruppen, Organisationen und politischen Richtungen der Demonstration sich nicht haben spalten lassen in ihren Aktionsformen. Der Terror gegen unsere Veranstaltungen, Projekte und unseren Widerstand war für uns Grund genug, den Konsum- und Finanztempeln unseren Festbesuch zu machen. ( ... ) Unsere Brandanschläge sind gleichzeitig Antwort auf den Terror, die letzte Warnung vor der Räumung und Ausdruck unserer praktischen Solidarität mit unseren Leuten von der Hafenstraße. Wir hoffen, wir haben sie zum Fest reich beschert. ( ...) Revolutionäre für ein feuriges Fest Wir haben Fehler gemacht ... „Medienhetze und Bullenlügen, unsinnige Spekulationen über die Täter und Fehler, die uns unterlaufen sind, machen eine weitere Stellungnahme zu unseren Anschlägen auf Hamburger Kaufhäuser und Banken nötig. 1. Unsere Aktion versteht sich als Protest und Eingriff in die widerliche Profitmacherei des verlogenen Weihnachtsfestes. (...) 2. Unsere Aktion war Antwort und Vergeltung für die sadistische Brutalität der Staatsterroristen in diesem Jahr. (...) 3. Unsere Aktion war Warnung und Programm für die beabsichtigte Räumung der Hafenstraße Anfang oder Mitte 87. (...) 4. Unsere Aktion war keine „Kriegserklärung an die Bürger“, wie der Gewerkschaftsbonze Egon Franke glauben machen will. Auch Ulla Jelpke von der GAL kann keine „Panik in der Bevölkerung“ herbeireden. Trotz unserer Fehler, auf die wir noch eingehen werden, hat sich unsere Aktion nicht gegen kleine Leute und kleine Geschäfte gerichtet, sondern hat sehr empfindlich große Konzerne getroffen. Danach wurden massenhaft die Kaufhäuser gestürmt, um billig einzukaufen. Bullen und Presse haben eine ganze Palette von Lügen aufgefahren, um die (Zu-)Stimmung gegen uns zu kippen: – Bergedorfer Zeitung, 22.12.1986: ... bereits um 20.13 Uhr am Sonnabend war der erste der Brandanschläge im Bergedorfer DKP-Büro verübt worden... – Lüge! – Welt, 22.12.1986: ... an den Tatorten wurden Reste von Säurezündern gefunden, sogenannte Brandverstärker, die Benzin oder Petroleum entzündeten... – Lüge! – Bild, 22.12.1986: ... plötzlich explodierte hinter ihnen eine Brandbombe; eine Feuerwalze schoß durchs Kaufhaus Karstadt in Bergedorf... – Lüge! – taz, 22.12.1986: ... in Kaufhäusern in Bergedorf sind am Sonntag Brände ausgebrochen; es folgten die Absatz-Kredit-Bank sowie die Volksfürsorge... – Lüge! – Hamburger Abendblatt, 23.12.1986: ... am Sonntag nach Mitternacht wurden 67 Firmen durchsucht und 18 in Filmdosen verpackte Bomben gefunden... – Lüge! – Morgenpost, 23.12.1986: ... beim schicki-Krempel-micki-Kack-Laden „Thevs & Co“ wurde am Montag um 17.00 Uhr ein Zünder entdeckt ... – Lüge! – Bild, 24.12.1986: ... im Jeans-shop hatte ich entdeckt, daß auch in anderen Jacken kleine Döschen steckten ... – Lüge! 5. Unsere Aktion war nicht auf die Verletzung von Menschen gerichtet, sondern ausschließlich auf nächtlichen Sachschaden in geschlossenen Konsumtempeln. Wir haben am Samstag, den 20.12.1986, 20 Brandsätze in Kaufhäuser und Banken abgelegt. Es waren durchsichtige Filmdosen der Marke „Fuji“. In ihnen stand ein halbvolles Glas mit konzentrierter Schwefelsäure. Das vorher präparierte Loch im Deckel dieses Glases war mit leinenverstärktem Tesaband überklebt. Die Filmdosen wurden dann mit 30 g eines Gemischs aus Unkraut-Ex und Puderzucker (Verhältnis 3 : 1) aufgefüllt. Wird die so präparierte Filmdose auf den Kopf gestellt, frißt die Säure frühestens nach fünf Stunden ein Loch in das Tesaband, und das brennbare Pulvergemisch wird entzündet. Dieser Brandsatz in der dünnen Filmdose kann nicht explodieren, verpuffen oder wie eine Feuerwalze in Windeseile ein Stockwerk aufrollen, Menschen einschließen etc. Offen im Raum entsteht aus solchen Filmdosen bei Reaktion von Schwefelsäure und Gemisch für wenige Sekunden eine Stichflamme von 1,5 m Höhe. Nur Gegenstände in unmittelbarer Nähe des Brandsatzes können Feuer fangen. Verborgen in Textilien, Teppichen, Gardinen etc. entsteht ein stiller Schwelbrand. Der Brandschaden ist gering, der Wasserschaden enorm – wenn die Sprinkleranlage funktioniert. Und das war das Ziel der Aktionen (Es folgt die Liste der 20 Kaufhäuser und Banken – weniger als in der Presse gemeldet, Anm. d. Red.). 6. Unsere Aktion war nicht genügend vorbereitet, obwohl wir in langen Versuchen daran gearbeitet haben, jede Gefährdung für uns, für alle Unbeteiligten – Verkaufs-/Reinigungspersonal und Kundschaft – auszuschließen. (...). Wir haben einen systematischen Fehler gemacht: Wir haben die Zünder nach der Abtropfmethode getestet, d.h. die Säuregläser über Kopf aufgehängt. So wirkt die Säure auf einen Klebestreifen leinenverstärktes Tesaband, der ein Loch im Deckel der Säuregläser verschließt. Nach fünf Stunden ist der Kleber des Tesabandes weggefressen: kleine Tröpfchen treten durch die Leinenstruktur des Tesabandes aus und laufen zu einem großen Tropfen zusammen. Spätestens nach 17 Stunden ist dieser Tropfen so groß und schwer, daß er herunterfällt und das brennbare Gemisch aus Unkraut-Ex und Puderzucker entzündet. Anders – und das haben wir nicht berücksichtigt – wenn das Säureglas direkt kopfüber auf dem Pulver steht: die winzigen Säuretröpfchen, die nach fünf Stunden durch die Leinenstruktur des Tesabandes sickern, reichen nicht zur Entzündung des Gemisches aus und können nicht zu einem großen Tropfen zusammenlaufen, weil sie vom Zucker aufgesogen werden. D.h. erst eine hohe und zeitlich sehr unbestimmte Sättigung des Pulvergemischs mit Schwefelsäure führt zur Zündung. Dennoch hätten ca. 40 Stunden – bis zur Öffnung der Geschäfte – zur Entzündung des Gemischs ausreichen müssen. Sie haben nicht gereicht, da nächtliche Kontrollen der Bullen die Lage der Brandsätze verändert haben, so daß sie vermutlich erst später losgegangen sind. Die Verantwortung dafür tragen wir, denn unsere Sabotage muß so sicher sein, daß niemand dazwischen gehen und kein Unbeteiligter gefährdet werden kann. Wir werden diesen Fehler beheben für eine neue Generation von Säurezündern: Wir suchen und finden Folien zum Verschluß der Säureflaschen, die nach bestimmter Zeit vollständig weggefressen sind und die Säure ungehindert in das Pulvergemisch fließen lassen.

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