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Hexenjagd im Bundesamt für Statistik

■ Die Behörde sortiert vor der Volkszählung „unsichere Kantonisten“ aus / Hessischer Datenschutzbeauftragter gegen Bürgermeister als Zähler

Von K.–P. Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Die rund 3.000 Angestellten des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden werden seit Monaten „klammheimlich durchgecheckt“. Wie ein leitender Mitarbeiter des Bundesamtes gegenüber der taz erklärte, sei es Ziel dieser Aktion, die sogenannten „unsicheren Kantonisten im Amte“ herauszufiltern und dann kaltzustellen, damit die geplante Volkszählung im Mai störungsfrei über die Bühne gehen könne. Damit, so der Informant der taz weiter, soll die „gefürchtete Sabotage aus dem Inneren der Behörde“ nahezu ausgeschlossen werden. Denn im Statistischen Bundesamt wird angenommen, daß die sogenannte „Verweigererquote“ im Amt in etwa mit der Quote der latenten Verweigerer im Lande übereinstimmt. Seit Ende 86 werden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Bundesamtes in sogenannten „Schulungskursen“ systematisch auf den Ernstfall Volkszählung vorbereitet. Mit gezielten Fragen nach der Einstellung zur Volkszählung versuchten die Kursleiter dabei, „kritische Geister“ aufzuspüren, um anschließend den Abteilungsleitern „Meldung machen“ zu können. Die Folgen einer solchen Meldung können zum Beispiel Entzug der Zeichnungsberechtigung, Versetzung oder Umgruppierungen in einzelnen Unterabteilungen sein. Der hessische Datenschutzbeauftragte Spiros Simitis hat am Mittwoch Bedenken gegen den Einsatz von Bürgermeistern und Magistratsmitgliedern bei der Volkszählung angemeldet. So hatten sich etwa in der Opelstadt Rüsselsheim Oberbürgermeister Winterstein und Bürgermeister Löffert als Zähler angeboten, da sich in Rüsselsheim - wie in zahlreichen anderen Städten und Gemeinden Hessens - kaum freiwillige Zähler meldeten. Simitis befürchtet, daß jetzt die ohnehin schon vorhandenen Ängste und Befürchtungen der Menschen gegen die Volkszählung durch das „aktive Eingreifen eines Oberbürgermeisters und eines Bürgermeisters“ noch verstärkt werden könnten. Fortsetzung auf Seite 2 Gegenüber der Rüsselsheimer Lokalpresse hatte Simitis Referent Rydzy darüber hinaus zu bedenken gegeben, daß die Verfasser der Verwaltungsvorschriften für die Volkszählung „nicht im entferntesten“ an die Möglichkeit gedacht hätten, daß „Spitzenrepräsentanten der Verwaltung“ sich als Zähler betätigen würden. Verwaltungs– und aufsichtsrechtliche Bedenken gebe es vor allem aufgrund der Tatsache, daß Bürgermeister Löffert als Dezernent für das Einwohnermeldeamt theoretisch jederzeit den Zugriff auf die Daten habe. Oberbürgermeister Winterstein ist der Verwaltungschef des Leiters der Erfassungsstelle. Und dieser Leiter der Erfassungsstelle hat darüber zu wachen, daß die Zähler die vorgeschriebenen Richtlinien einhalten. Auch dar aus, so der hessische Datenschutzbeauftragte, könnte möglicherweise ein „Konflikt“ resultieren. Da in unzähligen Städten und Gemeinden der Republik die Verwaltungsspitzen als Zähler Klinken putzen gehen wollen, könnten die „Bedenken“ des hessischen Datenschutzbeauftragten bundesweite Bedeutung erlangen. Sollten die Zähler aus den Rathäusern und Gemeinde– und Bezirksämtern aufgrund datenschutzrechtlicher Einwände tatsächlich nicht zum Einsatz kommen dürfen, stünden die Erfassungsstellen vor „nahezu unlösbaren Problemen“, so der Leiter einer südhessischen Erfassungsstelle, der ungenannt bleiben wollte, auf Nachfrage der taz.

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