: Mit Opferhilfe verzettelt?
■ 7. Hamburger Frauenwoche unter dem Motto „Gewalt und Widerstand“
Am Tag der Eröffnung der letzten Hamburger Frauenwoche, vor einem Jahr, starb die 23jährige Engländerin Helga Roberts auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Sie war morgens auf dem Nachhauseweg durch den Sternschanzenpark überfallen und vergewaltigt worden. Danach wurde sie mit ihrem Schal erdrosselt. Bis heute ist der Täter nicht gefaßt. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse lag es nahe, die diesjährige Frauenwoche unter den Oberbegriff „Gewalt und Widerstand“ zu stellen. Aber sexuelle Gewalt sollte nicht der einzige Schwerpunkt sein. Auch die Folgen von Tschernobyl und anderen Umweltkatastrophen sowie die rapiden „Fort“schritte in der Gentechnologie trugen zu dieser Themenwahl bei. Deshalb werden in 180 Veranstaltungen 14 verschiedene Programmblöcke behandelt. Die Palette der angebotenen Seminare reicht von internatio nalem Frauenhandel über die wirtschaftliche und berufliche Situation von Frauen bis hin zu Beziehungsfragen und Selbsterfahrungsübungen. Im Vorwort zum Programm wird vorsichtig die Frage formuliert, ob das langsame Abbröckeln der Frauenbewegung nicht auf den Energieverschleiß in Hilfeeinrichtungen für Opfer wie z.B. Notrufe, Frauenhäuser, psychologische und andere Beratungsstellen zurückzuführen ist. Um die Situation von Frauen vor Gericht zu verbessern, rufen Mitarbeiterinnen verschiedener Institutionen im Rahmen der Veranstaltungsreihe zur Gründung eines Rechtshilfefonds auf. Aus der Erfahrung, daß Frauen, die Opfer von Gewalttaten wurden, als Nebenklägerinnen Prozeßkostenhilfe verweigert wird, entschlossen sie sich, den Topf für sachgerechte juristische Beratung zu schaffen. Hamburger Gerichte hatten mit dem Hinweis, daß die Interessen der Verletzten weitgehend „von der Staatsanwaltschaft wahrgenommen werden können“, Anträge auf Prozeßkostenhilfe im letzten Jahr mehrmals abgelehnt. 4.000 bis 5.000 Teilnehmerinnen werden zur Eröffnung der Frauenwoche erwartet. 400 haben sich bereits als Bildungsurlaubs– Teilnehmerinnen angemeldet. Obwohl die Verantstaltungswoche seit sieben Jahren regelmäßig angeboten wird, steht es um die Finanzierung noch immer schlecht. Von den 150.000 Mark, die das Ereignis kostet, zu dem auch zahlreiche abendliche Kulturveranstaltungen gehören, wird ein großer Teil durch Spenden aufgebracht. Zum ersten Mal erhielten die Organisatorinnen dieses Jahr vom Senat einen Zuschuß von 85.000 Mark. Die Vorbereitung der Frauenwoche findet jedoch immer ehrenamtlich, sprich unbezahlt, statt. Ute Jurkovics Gestern in der Frauenredaktion...
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