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Internationaler Frauentag ohne Massen

■ In Frankfurt demonstrierten 600 Frauen / Buntes Fest im Gewerkschaftshaus / Frauenpartei will klagen

Aus Frankfurt Heide Platen

Samstag, 13 Uhr auf der Frankfurter Einkaufsstraße Zeil. Hinter einem lila Transparent sind erst rund 50 Frauen versammelt. Kleine Grüppchen stehen etwas abseits. Hier die Gewerkschaftsfrauen, säuberlich getrennt nach IG Bau, Steine, Erden und ÖTV, zwischendrin ein Mann in Bundesbahn–Uniform, da die DKP, dort die SDAJ–Frauen und die autonomen Frauen. Leichte Enttäuschung macht sich breit, daß nicht mehr Frauen da sind zum Internationalen Frauentag. Die Hoffnung der Organisatorinnen, daß die in Bonn geplante Verschärfung des Paragrafen 218 die Frauen auf die Straße bringt, zerrinnt. Eine Viertelstunde später sind es dann doch immerhin 600, die sich nach einer Kundgebung auf den Weg durch die Innenstadt machen. Dicht neben dem U–Bahnschacht hatte eine Rednerin noch einmal daran erinnert, daß im Frankfurter Stadtteil Bornheim vor wenigen Wochen zwei Frauen von einem Mann schwer verletzt worden waren. Er hatte sie am späten Abend in der leeren U–Bahn überfallen und mit dem Messer auf sie eingestochen. Die Frauen fordern den Magistrat der Stadt auf, Maßnahmen gegen die Gewalt gegen Frauen zu treffen. Sie verlangen u.a. Selbschutzkurse für Mädchen als Fach im Schulunterricht. Der Demonstrationsweg führt auch ein kleines Stück durch das Frankfurter Bahnhofsviertel, vorbei an einem Treffpunkt faschistischer Türken. Die stehen hinter den Fenstern und schauen bissig. Erinnerungen an eine denkwürdige Walpurgisnacht–Demonstration kommen auf. Damals waren Tausende Frauen lärmend, singend und randalierend durch das Bahnhofsviertel gezogen. Die Stimmung am kalt–sonnigen Samstag ist dagegen eher gelassen heiter. Wenige Sprechchöre, kaum Lieder, vorneweg ein rotes Auto, aus dem Musik erklingt, ab und zu schrillen ein paar Trillerpfeifen. Ziel der Demonstration ist das Gewerkschaftshaus in der Wilhelm–Leuschner– Straße. Am Nachmittag beginnt dort ein großes Frauenfest. Einige Frauenprojekte stellen sich vor, die „Frauen–Partei“ verteilt Flugblätter. Sie ist verärgert, weil sie nicht zu den hessischen Landtagswahlen zugelassen worden ist, und will klagen. 45 Minuten zu spät hatte sie ihre Wahlliste in Wiesbaden abgeliefert. Schuld waren Eis, Schnee und die Bundesbahn. Etliche der Gewerkschaftsfrauen aus den Frankfurter Betrieben kommen aus der Türkei, Spanien und Italien. Iranerinnen protestieren gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran. Eine Rumänin erzählt, daß in ihrer Heimat der „Internationale Frauentag“ gefeiert werde „wie hier der Muttertag“. Frische Waffeln, Kuchen, Kaffee, bei der SDAJ gibt es gar Sekt.

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