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Ist das Boot voll?

■ Die Türkei will definitiv in die EG

Ungeachtet aller informellen Warnungen hat die türkische Regierung sich nicht davon abhalten lassen, den lange angekündigten Antrag auf Mitgliedschaft in der EG offiziell einzureichen. Mit einer feierlichen Erklärung bekräftigte der türkische Europaminister Bozer den Wunsch seines Volkes, das Schicksal der Gemeinschaft zu teilen. Der Pathos der Türken steht allerdings in krassem Gegensatz zur Reaktion der Adressaten. Die eisige Reaktion des EG–Ratspräsidenten ist symptomatisch für die Stimmung in Brüssel, die EG habe auch ohne die Türkei genug Probleme. Der Widerstand gegen den ungeliebten Bewerber hat viele Facetten, angefangen von rein ökonomischen Erwägungen bis hin zu latent rassistischen Tönen über die „anatolische Flut“, die sich über die EG zu ergießen drohe. In kaum zu überbietender Heuchelei führen plötzlich gerade solche Politiker die in der Türkei mißachteten Menschenrechte im Munde, die bislang den Methoden der türkischen Militärs höchst wohlwollend gegenüberstanden. Da erinnert sich die EG des Kriegsrechts in den kurdischen Provinzen, der geknebelten Gewerkschaften und der politischen Gefangenen. Die Türkei mag kein klassischer europäischer Staat sein. Ihre politische und wirtschaftliche Existenz aber ist entscheidend durch die USA und die westeuropäischen Länder geprägt. Jenseits aller real existierender Probleme, die eine Integration der Türkei in die EG nach sich ziehen würde, läßt sich im Kern die Reaktion auf ein Motiv verdichten: im Klub der Reichen hat ein Habenichts nichts zu suchen. Man mag es ihnen nur nicht so deutlich sagen, solange sie als Kanonenfutter noch gebraucht werden. Als NATO–Mitglied ist die Türkei seit 20 Jahren gut genug. Jürgen Gottschlich

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