: I N T E R V I E W Die Mehrheit ist zufrieden
■ Interview mit Hans Reppel, linker SPD–Betriebsrat bei Opel in Bochum, zum Ergebnis des Spitzengesprächs.
taz: Eineinhalb Stunden Arbeitszeitverkürzung in den nächsten drei Jahren, ohne einen Stufenplan zur 35–Stunden–Woche. Ist der Kompromiß akzeptabel? Hans Reppel: Ohne einen Arbeitskampf war unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen nicht mehr drin, auch wenn ich mir im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit einen größeren Schlag gewünscht hätte. Waren denn die Kolleg(inn)en in den Betrieben für einen harten Arbeitskampf wirklich gerüstet? Das kann man vorher nie genau sagen. Der größte Teil der Kolleg(inn)en hat jedenfalls bei den Warnstreiks mitgemacht. Ich würde sagen, die meisten im Betrieb waren bereit, für weitere Arbeitszeitverkürzung zu kämpfen. Wie werden die Metaller in den Betrieben reagieren? Mit überwiegender Mehrheit wird der Kompromiß angenommen. Einige mit der Faust in der Tasche, aber seit den letzten Wahlen bläst der Wind uns ins Gesicht. Die Arbeitszeitverkürzung wurde mit weiterer Flexibilisierung erkauft. Was sind die betrieblichen Auswirkungen? Die Flexibilisierung ist schon beim letzten Abschluß im Betrieb sehr schlecht angekommen. Die unterschiedlichen Regelungen, z.B. Freischichten, Brückenfreitage, haben die frühere Einheit zerstört. Der Bochumer Opel–Betriebsrat will jedenfalls keine Freischichten, sondern tägliche oder wöchentliche Arbeitszeitverkürzung. Was hat die bisherige Arbeitszeitverkürzung beschäftigungspolitisch bei Opel gebracht? Mit der Arbeitszeitverkürzung ist ja bei Opel gleichzeitig die neue technische Rationalisierungswelle angelaufen. Seit 1984 hat Opel–Bochum seine Belegschaft um 1.500 auf jetzt 17.500 reduziert. Man kann mit Sicherheit sagen, daß ohne Arbeitszeitverkürzung mehr abgebaut worden wären; wieviel genau, weiß aber niemand. Dramatisch wird es in der Automobilindustrie, wenn das gegenwärtige konjunkturelle Hoch zu Ende geht. Da hilft die Arbeitszeitverkürzung in kleinen Schritten nicht weiter. Was dann hier passiert, kannst du dir in Liverpool anschauen. Interview: Jakob Sonnenschein
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