: Der Ökologische Club
Krakau (taz) - Die Gegend um Kattowitz und Krakau ist der polnische Kohlenpott. Hier leben über sechs Millionen Menschen. Und hier befinden sich die „Huta Katowice“, die „Huta Lenina“ - nach Meinung der Polen das größte Stahlwerk der Welt - sowie die Kohlengrube „Piast“, die mit ihren Schlöten und Rauchfahnen, mit ihren Dämpfen und Abfällen die Gegend schwärzen. Die Wojewodschaft Kattowitz nimmt gerade 2,1 Prozent der Fläche der Volksrepublik ein, produziert aber mehr als 30 Prozent des Staubs, 40 Prozent aller Industrieabgase und 60 Prozent aller Industrieabfälle Polens. Und so ist es kein Wunder, daß gerade in Krakau sich der Hauptsitz der ersten polnischen unabhängigen Umweltschutzorganisation befindet, des „Polnischen Clubs für Ökologie (PKE)“, der 1980 im Zuge der Arbeiterbewegung und Solidarnosc entstanden ist. Im Gegensatz zu der Gruppe „Freiheit und Frieden“ ist PKE legal und hat es bis heute geschafft,öffentlich weiterzuarbeiten. Das Büro liegt inmitten der Stadt, im ersten Stock eines Hauses direkt am Marktplatz. „Friends of the earth - working for a green future“ steht auf dem T–Shirt eines Mitarbeiters. Und ein Naturschutzbutton aus der Bundesrepublik heftet an seiner Brust. „Wir haben in ganz Polen um die 3.000 Mitglieder, hier in der Gegend allein so um die tausend.“ Der Verein habe Statuten, finanziere sich aus Mitgliedsbeiträgen. Trotzdem war er in seiner wechselvollen Geschichte von der Staatsmacht nicht immer gern gesehen. Die erste Aktion des PKE war eine Kampagne gegen ein Aluminiumwerk. Nach Tschernobyl hat er sich für eine umfassende Information für die Bevölkerung engagiert und auf Kinderspielplätzen den Sand ausgetauscht. Stolz schwingt mit, wenn die Mitglieder berichten, daß die Arbeit der Organisation dazu führte, daß die Asbestverbrennungen in den Kraftwerken aufgehört haben, daß die Versalzung eines Flusses unterbunden wurde, daß die Regierung vor der Lagerung westdeutschen Atommülls gewarnt ist und die Verantwortlichen dazu gebracht wurden, in den nordöstlichen Wojewodschaften Wasserschutzgebiete einzurichten. „Einige von uns machen sich seit einiger Zeit bei der Regierung durch Forschungen und Gutachten im Bereich des Umweltschutzes einen Namen“, erklärt ein anderer Umweltschützer. Manche fürchten aber deswegen um die Unabhängigkeit. Im Arpil erst beschloß das Warschauer Parlament, alle Umweltorganisationen in die Bewegung für die Nationale Wiedergeburt (PRON) aufzunehmen. Geschähe dies, wäre der Club mit Verbänden wie die Naturschutzliga und die Angler oder die Hobbyjäger zusammengewürfelt. Sich derart die Flügel stutzen zu lassen, will kaum jemand im Verband. „Unsere Aktionen werden radikaler“, sagt ein jüngeres Mitglied des Clubs, „die Scheidelinie ist auch die Atomenergie.“ Nachdem angesichts mangelnder Wasserkraft und der ungeheuren Umweltzerstörung durch die Kohlekraftwerke die Regierung sich auf einen Ausbau der Atomenergie festgelegt hat, zeichnet sich ein neuer Konflikt mit dem Regime ab: Eine Unterschriftenkampagne gegen das zweite polnische Atomkraftwerk bei Posen hat begonnen. Th.M/ H.H.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen