piwik no script img

Sri Lanka warnt Indien

■ Indien soll Hilfsgüter nicht direkt nach Jaffna schicken / Bei Indiens Tamilen angespannte Aufmerksamkeit / 33 Menschen in einem Bus bei Colombo getötet

Aus Madras Biggi Wolf

Neuen Zündstoff für die gespannten Beziehungen zwischen Indien und Sri Lanka hat am Dienstag eine formelle Note des Außenministers Hameed in Colombo an den indischen Botschafter Dixit geliefert. Darin warnt die lankanische Regierung Indien davor, ohne ihre Zustimmung einen Schiffskonvoi mit Hilfgütern für die Tamilen zur nördlichen Halbinsel Jaffna zu schicken. Colombo sei bereit, über Hilfslieferungen zu verhandeln. Eine „einseitige Aktion“ Indiens werde als „Verletzung der Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität Sri Lankas“ betrachtet, hieß es in dem Text. Unterdessen hat ein Überfall tamilischer Guerillas auf einen Bus, bei dem 33 Menschen getötet wurden, auch den innenpolitischen Konflikt auf Sri Lanka weiter angeheizt. Die indische Regierung hatte am Montagnachmittag angekündigt, 20 Schiffe mit Lebensmitteln, Medikamenten und Kleidung für die tamilische Bevölkerung zur umkämpften Halbinsel Jaffna zu schicken. Heute soll der Konvoi das südindische Tamil Nadu verlassen. In einer ersten Stellungnahme der lankanischen Regierung hieß es dazu, die Situation im Norden erfordere „keinerlei Hilfe von außen“, die Regierung sei selbst in der Lage, für die Bürger Jaffnas zu sorgen. Aus Interesse an „gutnachbarlichen Beziehungen“ sei man jedoch bereit, die Hilfssendung zu akzeptieren, vorausgesetzt, sie würde staatlichen Stellen übergeben. Die indische Regierung lehnte dieses Ansinnen jedoch mit der Begründung ab, die kritische Situation in Sri Lanka erlaube keine weitere Verzögerung der Hilfsmaßnahmen. Die Güter sollen direkt nach Jaffna–Stadt gebracht werden. Nach der scharfen verbalen Verurteilung der lankanischen Offensive in Jaffna durch Indiens Ministerpräsident Rajiv Ghandi hat die Regierung mit dem Konvoi den ersten konkreten Schritt beschlossen. Sie steht unter starkem innenpolitischen Druck. Seit Beginn der Großoffensive verfolgen die 50 Mio. Tamilen in Tamil Nadu besorgt die Vorgänge auf Jaffna. In der indischen Presse wird die lankanische Offensive gegen die 800.000 Menschen auf der Halbinsel schlicht als „Versuch der Auslöschung des tamilischen Volkes“ gewertet. Am Montag wurden bei einer Zugblockade in Tamil Nadu über 1.500 Menschen festgenommen. Die Organisatoren, Mitglieder verschiedener Oppositionsparteien, erklärten, sie wollten die Zentralregierung zum sofortigen Handeln drängen. Die indischen Zeitungen, die der Berichterstattung täglich mehrere Seiten widmen, meldeten am Dienstag, mit der Einnahme von Point Pedro im äußersten Norden Jaffnas müsse der gesamte Osten der Halbinsel unter Regierungskontrolle stehen. Fortsetzung auf Seite 6 Was ißt was? (Beobachtungen anhand von acht ausgewählten Schokoladenriegeln) Mars: Leistungssportler, schwangere Frauen, Pizzabäcker, Bergleute, Berufsdemonstranten, Flugkapitäne, Body–Builder Duplo: Tanzschüler, Friseusen, Berufsjugendliche, Kettenraucher, Heimwerker, Gewerkschafter, Theologiestudenten, Tankwarte Milky Way: Kinder, Tänzerinnen, Pastoren, Astrologen, Philatelisten, Meßdiener, Floristinnen Nuts: Rockmusiker, Innenarchitekten, Austauschstudenten, Sozialarbeiter, Nichtwähler, Sannyasins, Anarchisten Snickers: Taxifahrer, Journalisten, Alkoholiker, Totalverweigerer, Filmproduzenten, Philosophen, Baggerfahrer Lion: Kunstkritiker, Surfer, Designer, Popper, Zoologen, Fotografen, schicke Linke Balisto: Waldorf–Schüler, Zahnärzte, Mannequins, Umweltminister, Familienväter, Diabetiker, Unterprimaner, Müslis Es wurde damit gerechnet, daß nun die erste Phase der „Operation Befreiung“ abgeschlossen ist. Spekuliert wird über den Beginn einer zweiten Phase am heutigen Mittwoch, den Sturm auf Jaffna– Stadt. In Sri Lanka erklärte Regierungssprecher Thilak Ratnakura, die siebentägige Offensive sei abgeschlossen. Das wichtigste Ziel, die Festnahme des Tamilen–Führers Vellupillai Prabhakaran, sei aber noch nicht erreicht worden. Unterdessen liegen die ersten Augenzeugenberichte über die Lage auf Jaffna vor. Am Samstag traf ein Boot mit einem französischen Kamerateam an Bord in Südindien ein. Der Fotojournalist Michel Phillipot, der sich ohne Wissen der Regierung in Colombo in Jaffna aufhielt, berichtete, am Donnerstag und Freitag letzter Woche habe es ununterbrochene Bombardements gegeben. Auch das Haus, in dem er sich zu diesem Zeitpunkt aufgehalten habe, sei von einer Bombe getroffen worden. „Die lankanische Armee möchte erreichen, daß sich die Menschen in Jaffna gegen die Tamilenorganisation Tigers wenden. Aber das wird nicht geschehen, die Menschen haben keine Wahl. Sie wissen, daß sie von den Soldaten ermordet werden, sobald die Tigers Jaffna verlassen“, meinte der Journalist. Die Reporter berichteten weiter, wie zwei Mitglieder eines Bürgerkomitees, die mit den militärischen Einsatzleitern verhandeln wollten, von einem Lager der Armee aus „direkt in den Kopf“ geschossen worden seien. „Es war schlichter Mord“, fügten sie hinzu. Vijaya Kumaratunga, Sprecher der Oppositionspartei SLMP in Colombo, hat sich bisher als einziger Oppositionsführer gegen die Offensive im Norden ausgesprochen. „Die Bevölkerung hier im Süden ist nicht gewillt, den Verlautbarungen, es handele sich bei den Toten nur um Terroristen, Glauben zu schenken“, erklärte er. Die Stimmung auf Sri Lanka dürfte höchstwahrscheinlich nach einem Anschlag auf einen Bus im Osten des Landes erneut angeheizt worden sein, bei dem 33 Menschen, darunter 29 buddhistische Mönche, massakriert sowie elf weitere Fahrgäste zum Teil schwer verletzt wurden. Nach Meldungen der staatlichen Medien befanden sich die Mönche auf dem Weg zu einem Tempel in der Nähe Colombos, als der Bus von tamilischen Guerillas überfallen und seine Insassen erschossen oder niedergestochen wurden. Die Mönche wollten an einer Priesterweihe teilnehmen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen