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Zurück in den Golfkrieg

■ Minderjährige Iraner werden vom Bundesgrenzschutz „zurückgewiesen“ / Anordnung kam aus dem Innenministerium / Fragwürdige rechtliche Grundlage

Von Axel Kintzinger

Hannover (taz) - Die Grenzschutzdirektion in Koblenz hat im Herbst 1985 alle Grenzschutzämter in der BRD angwiesen, Minderjährige aus dem Iran zurückzuweisen, wenn sie sich auf der Flucht vor dem Kriegsdienst in der Khomeini–Armee befinden. Die der taz vorliegende Anweisung wurde, das bestätigte Ministerialrat Eisel gestern, vom Bundesinnenministerium in Bonn verordnet. In dem Schreiben heißt es wörtlich: „In einigen Bundesländern ist eine verstärkte Zuwanderung minderjähriger Iraner festgestellt worden, die zu Verwandten im Bundesgebiet geschickt worden sind, damit sie im Iran nicht zum Wehrdienst gezogen werden. Eine solche Zuwanderung ist unerwünscht.“ Die Grenzschutzämter werden in dem Schreiben dazu aufgefordert, die Kinder und Jugendlichen „gegebenenfalls zurückzuweisen“. Im Krieg zwischen Iran und Irak werden seit einigen Jahren auf persischer Seite vermehrt auch Kinder und Jugendliche als Soldaten an die Front geschickt. Fortsetzung auf Seite 2 Viele von ihnen versuchen, im Ausland bei Verwandten unterzukommen und somit dem Kriegsdienst auszuweichen. Juristisch begründet werden die Zurückweisungen mit den Paragraphen 10 und 18 des Ausländergesetzes. Danach könnten auch Ausländer unter 16 Jahren zurückgewiesen werden, wenn sie Belange der BRD „erheblich beeinträchtigen“. Eine Beeinträchtigung liegt nach Auffassung des Verfassers der Anweisung, Dahms, dadurch vor, daß die minderjährigen Iraner „als Sozialhilfeempfänger den Bundesbürgern zur Last fallen würden“. Zu einer anderen Einschätzung sind allerdings das Bundesverwaltungsgericht (BVG) und das Oberlandesgericht Bremen gekommen. „Eine potentielle Sozialhilfebedürftigkeit“, so urteilten sie schon zu Beginn der 80er Jahre, „reicht als Ausweisungsgrund nicht aus, vielmehr muß die Hilfsbedürftigkeit tatsächlich eingetreten sein.“ Im Klartext: Erst wenn Flüchtlinge Sozialhilfe empfangen, kann dies als Grund für eine Ausweisung gelten. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums ist die Anweisung erst in einem Fall angewendet worden. Die Entscheidung für dieses Vorgehen hätten die Ausländerbeauftragten der Länder einvernehmlich gefällt. Als im Herbst 1985 Meldungen über einen angeblichen Zustrom von jugendlichen Iranern registriert worden waren, habe das Bundesinnenministerium sich an das Auswärtige Amt gewandt, um eine Einschätzung über die Lage im Golfkrieg zu bekommen. Nach Auskunft der deutschen Botschaft in Teheran gebe es jedoch keine Hinweise darauf, daß Kinder und Jugendliche gegen ihren Willen in den Krieg geschickt würden.

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