: Die CDU rückt von NUKEM ab
■ Hessens neuer Umweltminister Weimar (CDU) stellte gravierende Sicherheitsmängel bei NUKEM fest / Überprüfung durch TÜV, GSR und Regierungspräsidenten angeordnet
Von Klaus–Peter Klingelschmitt
Wiesbaden (taz) - Der neue hessische Minister für Umwelt– und Reaktorsicherheit, Karlheinz Weimar (CDU), hat gestern im hessischen Landtag auf „Sicherheitsdefizite“ bei der Hanauer Brennelementefabrik NUKEM hingewiesen, die einer umgehenden Beseitigung bedürften. Weimar bezog sich in seiner als Regierungserklärung deklarierten Stellungnahme auf ein Gutachten von 1986, das von den Sachverständigen Götz und Marx im Auftrag der Hanauer Staatsanwaltschaft angefertigt worden war und in dem eine „Reihe von Mängeln“, die bereits 1982 festgestellt worden waren, „nach wie vor vorhanden“ seien. In diesem Zusammenhang stellte der CDU–Minister die Frage, inwieweit seine Vorgänger im Amt „und die Vorgängerregierungen“ an der Unterlassung der Mängelaufarbeitung mitgewirkt haben. Weimar: „Es ist doch bemerkenswert, daß im Jahre 1982 umfängliche Gutachten erstellt wurden, ohne daß es präzise Zeitlisten und Abfragelisten seitens der Vorgängerregierungen gab, inwieweit die notwendigen Maßnahmen durchgeführt wurden.“ Der Minister gab bekannt, daß bereits am vergangenen Freitag Mitglieder des TÜV–Bayern und des zuständigen Regierungspräsidenten „ganztags“ die NUKEM– Altanlage überprüft hätten und heute die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) diese Überprüfung fortsetzen würde. Nach der Auswertung der Vorschläge der Sachverständigen soll dann ein Maßnahmenkatalog erstellt werden, der noch mit dem Bundesumweltminister abgestimmt werden müsse. Weimar: „Ob dies dann eine Stillegung der Anlage erfordert, wird davon abhängen, ob diese Mängel für uns eine solche Qualität haben, daß eine Stillegung nach dem Atomgesetz erforderlich ist. Sicherheit geht hier vor Wirtschaftlichkeit.“ Wie die taz inzwischen in Erfahrung bringen konnte, soll es sich bei den „gravierenden Sicherheitsmängeln“ u.a. um Abluft– und Druckprobleme handeln. Darüberhinaus sei bereits 1982 bemängelt worden, daß NUKEM über keinen Sicherheitszaun verfüge. Auch sei die von den Gutachtern geforderte „Beseitigung von Tür– und Fensteröffnungen“ bisher unterblieben. Der Christdemokrat Weimar wies vor dem Landtag auch darauf hin, daß er „als erster“ auch ein Gespräch mit der Hanauer Staatsanwaltschaft geführt habe und daß er diesen „Dialog“ fortsetzen wolle. Allerdings dürfe die Diskussion um NUKEM (alt) „nicht den klaren Willen der Landesregierung überlagern, die Hanauer Nuklearbetriebe in Hessen zu halten und auf der Basis von geordneten Genehmigungsverfahren und sicheren Anlagen eine zukunftsorientierte Technologie zu sichern“. Der Umweltminister kündigte an, daß für NUKEM (neu) und RBU erste Teilerrichtungsgenehmigungen „in den nächsten Monaten“ erteilt werden würden. Für ALKEM stehe die erste Teilerrichtungsgenehmigung „in Kürze“ zur Entscheidung an.
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