: D O K U M E N T A T I O N Von Jesus Christus zu Waldheim In einem Schreiben vom 12.5.1987 an den Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses in New York, Edgar Bronfman, vergleicht der Vizebürgermeister des österreichischen Linz, Carl Hödl, die Anschuldigungen gegen Waldheim mit der Kreuzigung von Jesus Christus durch „Ihre Glaubensgenossen“
„(...) Wenn Sie bei Ihrer letzten Attacke in Budapest gegen unseren Bundespräsidenten Dr. Waldheim feststellten, daß er Mitglied einer Tötungsmaschinerie war, dann frage ich Sie, ob Sie den Sinn eines Krieges nie verstanden haben. Was geschieht denn in jedem Krieg: Töten und wieder Töten. Dann aber trifft Ihre Feststellung Millionen von Soldaten aller Nationen. Wahrscheinlich haben Sie, Herr Bronfman, den Zweiten Weltkrieg in einem sicheren Land erlebt oder sind vielleicht gerade den Windeln entwachsen gewesen, denn sonst müßten Sie sich erinnern, daß Millionen unschuldiger Zivilpersonen insbesondere in der deutschen Stadt Dresden sinnlosen Bombardements zum Opfer fielen. Von unserem Herrn Bundespräsidenten wissen wir, daß er nie ein Nazi war - das haben auch Sie noch nie beweisen können, wohl behauptet - und daß er als Oberleutnant der Deutschen Armee ein so kleines Rädchen war, daß er zwar für die Richtigkeit einer Abschrift unterschreiben konnte, aber nie einen Befehl zum Töten. Das, Herr Bronfman, müßten Sie wissen oder Sie haben wieder besseren Wissens diese Ihre Behauptungen so zu werten, wie die Ihrer Glaubensgenossen vor 2.000 Jahren, die in einem Schauprozeß Jesus Christus zum Tode verurteilen ließen, weil er in das Konzept der Herren von Jerusalem nicht paßte. Aber noch ein Vergleich sei mir gestattet. Wie dieses damalige ungerechte Urteil auszusprechen einem Römer überlassen wurde, so haben Sie es dieses Mal verstanden, den „Täter“ im amerikanischen Justizminister zu finden, der Dr. Waldheim auf die Watchlist setzte. (...) Nehmen Sie auch noch die von mir zutiefst bedauerte Feststellung zur Kenntnis, daß Sie mit Ihren unqualifizierten und unbeweisbaren Behauptungen vielen Ihrer Glaubensgenossen in Österreich, in Deutschland, zuletzt in Ungarn und ich weiß nicht sonstwo, schwer geschadet haben. (...) Aug um Aug, Zahn um Zahn ist nicht unsere europäische Auffassung. Diese talmudische Grundtendenz in aller Welt zu verkünden, bleib Ihnen und Ihresgleichen vorbehalten. Ich kann auch nur dies mit dem größten Entsetzen und tiefster Erschütterung zur Kenntnis nehmen.“
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